piwik no script img

Gericht erklärt Strommonopol für unrechtmäßig

■ Auch Kundenkreise dürfen nicht abgegrenzt werden – Strompreis fällt um 10 Prozent

Mannheim (AP) – Stromversorgungsunternehmen müssen in ihren Liefergebieten Wettbewerb zulassen, auch wenn anderslautende Verträge mit ihren Kunden bestehen. Dieses Grundsatzurteil wurde am Freitag vom Landgericht Mannheim bekanntgegeben. Danach dürfen außer den Liefergebieten auch Kundenkreise nicht voneinander abgegrenzt werden. Damit unterlag die Energie Baden-Württemberg Badenwerk AG (EnBW) mit einer Klage gegen die Stadt Waldshut-Tiengen, die ihren bisherigen Strombezugsvertrag mit der EnBW gekündigt hatte, um billigeren Strom von der Schweizer Aare Tessin AG zu beziehen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls könnte nun auf die deutschen Stromversorger eine Kündigungswelle für ihre Stromverträge zurollen.

Der Justitiar der EnBW, Bernhard Beck, erklärte, wegen der grundsätzlichen Bedeutung werde die EnBW voraussichtlich bis zum Bundessgerichtshof gehen. Die Folgen des Urteils und der daraus entstehende finanzielle Schaden für das Unternehmen ließen sich noch nicht abschätzen.

Nach Angaben von Karl-Heinz Schilling, kaufmännischer Betriebsleiter der Stadt Waldshut-Tiengen, sind nun bis zu 600 Stadtwerke in Deutschland in vertragslosem Zustand und nicht mehr an vertraglich festgelegte Versorgungsgebiete gebunden. „Wir wollen die günstigeren Strombedingungen an die Verbraucher weitergeben“, sagte Schilling. Der Strompreis werde aufgrund des Urteils etwa um zehn bis 20 Prozent fallen.

Der Vorsitzende der siebten Zivilkammer, Gerd Lippok, begründete die Entscheidung damit, daß nach der Liberalisierung des Strommarktes auch die Stromkonzerne dem Kartellverbot unterlägen. Nach den bestehenden Verträgen hatte sich Waldshut-Tiengen verpflichtet, den gesamten Strombedarf der Gemeinde bis zum Jahr 2006 ausschließlich bei der EnBW zu beziehen. Dieser Vertrag zwischen der EnBW und der Stadt Waldshut-Tiengen sei unwirksam, weil solche „wettbewerbsbeschränkenden Abreden“ zur Aufteilung des Marktes und die Abwehr von Konkurrenz durch dritte Unternehmen gegen die bestehenden kartellrechtliche Vorschriften verstießen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen