: Pakt gegen die Handelsflaute
■ Weitere Konzentration im Einzelhandel: Quelle und Karstadt schließen sich zu neuem Handelsriesen zusammen. Einsparungen werden erwartet, Entlassungen sind nicht geplant
Berlin/Essen (taz/dpa) – ... Da waren es nur noch zwei. Quelle und Karstadt fusionieren, und damit gibt es wohl schon ab Herbst nur noch zwei nennenswerte Konkurrenten im deutschen Einzel- und Versandhandel: die neue Karstadt Quelle AG und die Metro AG, unter deren Dach sich Kaufhof samt Horten begeben hat.
Die jetzt geplante Verschmelzung von Karstadt und der Schikkedanz Handelswerte KG, zu der insbesondere der Quelle-Versand gehört, hatte sich schon vor zwei Jahren angebahnt. Der neue Chef, Ingo Riedel, verheiratet mit der Enkelin des Firmengründers Gustav Schickedanz, trat damals an, aus dem Fürther Familienkonzern eines der führenden Handelsunternehmen zu machen. In zwei Schritten übernahm Schickedanz, der kleinere, aber rentablere Konzern von den beiden, 48 Prozent der Karstadt-Aktien.
„Der Weg, den wir im August 1997 mit dem Einstieg bei Karstadt eingeschlagen haben, wäre mit der Fusion beendet“, sagte gestern Schickedanz-Sprecher Andreas Neuner. Das neue Riesenunternehmen wird aus drei Bereichen bestehen: dem Einzelhandel mit 212 Karstadt- und Hertie-Warenhäusern, dem Versandgeschäft von Quelle und Neckermann sowie dem Touristikbereich.
Gemeinsam sind wir stark, lautet die Devise der Handelskonzerne. Angesichts sinkender Kauflust und vor allem Kaufkraft der Deutschen und wegen der Konkurrenz der vielen Factory Outlets und riesigen Kaufmärkte an den Stadträndern wird die Luft im Einzelhandel dünn. Die Umsätze in den Kaufhäusern sinken seit Jahren. Karstadt, zusammen mit dem 1994 geschluckten Hertie größter deutscher Warenhauskonzern, und Quelle, Branchenerster im Versandhandel, wären zusammen mit einem Umsatz von 33 Milliarden Mark und fast 120.000 Mitarbeitern unter den ganz Großen in Europa.
Der Zusammenschluß soll erhebliche Einsparungen ermöglichen. Entlassungen oder Standortschließungen soll es nicht geben. „Durch die gemeinsame Erschließung von Märkten im In- und Ausland erwarten wir mittelfristig vielmehr einen Arbeitplatzaufbau“, sagte Neuner. Dazu sollen Synergieeffekte bei Beschaffung, Logistik und EDV beitragen. Die Einkaufsmacht des neuen Riesen gegenüber den Herstellern dürfte dazu führen, daß Einkaufspreise gedrückt werden können. Die beiden Firmen setzen nun besonders auf eine Ausweitung des internationalen Geschäfts.
Genaueres sollen noch zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften untersuchen, bevor die Führungsgremien der beiden Konzerne ihre endgültige Zustimmung geben. Auch die künftige Führungsstruktur – bei Firmenzusammenschlüssen stets ein Reizthema – soll erst noch geklärt werden. Keine Schwierigkeiten dürfte hingegen das Kartellamt machen, das schon letztes Jahr den Einstieg von Schickedanz bei Karstadt abgesegnet hatte. Eine marktbeherrschende Stellung aus der Zusammenlegung der Aktivitäten sei nicht erkennbar, hieß es damals. lieb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen