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Vom Schalter zum Streik auf die Straße

■ 5.000 Bankangestellte demonstrierten gegen Samstagsarbeit auf dem Breitscheidplatz

„Let‘s dance“ tönt es vom Lautsprecherwagen, es gibt Kaffee und Brezeln, außerdem Mützen und Trillerpfeifen. Die Stimmung ist gut auf der Streikkundgebung der Gewerkschaften DAG und HBV, zu der sich mehr als 5.000 Bankangestellte auf dem Breitscheidplatz eingefunden haben. „Ich habe wieder einmal das Gefühl, der da oben ist in der Gewerkschaft“, freut sich denn auch DAG-Abteilungsleiter Joachim Tonndorf über das gute Wetter und begrüßt die „Kolleginnen und Kollegen“ mit den Worten: „Es macht Spaß“.

Als nicht ganz so spaßig erweist sich die Situation im Konflikt mit den Arbeitgebern. Nach den Protesten der vergangenen zwei Wochen sprechen Genossen und Kollegen ihren Unmut offen aus: Als „Valium für die Beschäftigten“ bezeichnet Reinhard Drönner von der DAG in Hamburg die bisherigen Angebote der Arbeitgeber – 3,1 Prozent Lohnerhöhung plus einmalig 350 Mark.

In vier Gesprächsrunden hatten sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände um neue Tarifvereinbarungen bemüht. Ende März waren die Gespräche für die rund 470.000 Bankangestellten gescheitert.

Die Beschäftigten werfen den Arbeitgebern „Erpressung“ vor, weil diese einem Tarifvertrag über Löhne und Gehälter nicht zustimmen wollen, ohne gleichzeitig den Samstag zur Regelarbeitszeit zu machen. „Und auch an Sonn- und Feiertagen sollen wir in Zukunft arbeiten“, empört sich Drönner auf dem Podium. Weitere Streitpunke sind tariflich vereinbarte Lohnerhöhungen und die Umwandlung des 13. Monatsgehaltes in leistungsbezogene Vergütungen.

Heftige Kritik äußerte Michael Dutschke, Personalrat der Landesbank, am Verhalten der Vorstände im Vorfeld der Veranstaltung. So habe er Anrufe von Angestellten erhalten, die ihren Vorgesetzten „massive Einschüchterungsversuche“ vorwarfen. Dabei hätten die Filialleiter den Angestellten damit gedroht, durch den Streik der Bank zu schaden und so den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden.

Diesen Vorwuf bezeichnet Jürgen Stein, Pressesprecher des Arbeitgeberverbandes privater Banken, als „unwahr“ und verweist auf die sogenannte Maßregelungsklausel, welche negative Konsequenzen aus Streikbeteiligung gesetzlich verbietet. Sollte der Streik jedoch über lange Zeit andauern, wäre der „letzte Ausweg, mit Mitarbeitern außerhalb des Tarifs auszukommen“.

Mit Musik von den Backstreet Boys setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung Richtung Kurfürstendamm. „Quit playing games with my heart“ – ein Appell an die Arbeitgeberschaft? Tobias Hinsch

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