: Hertha-Höhenflug als Gratwanderung
■ Erstmals spricht Trainer Röber von der Champions League. Der Klub soll in der Europaliga mitmischen. Manager Hoeneß dämpft seine Euphorie. Trotzdem sollen die Kicker bald Verstärkung durch Topspieler erhalten
Um den zukünftigen Weg und die Stellung des Vereins Hertha BSC ist es gestern zu einem internen Konflikt in der Vereinspitze gekommen. Während Trainer Jürgen Röber nicht nur den Uefa-Cup als Saisonziel ausgegeben hat, sondern die Zukunft des Vereins nun auch in der Teilnahme der Champions League anpeilt, stapelt Manager Dieter Hoeneß dagegen tief. Röber hatte vor Jounalisten gesagt, daß die Erwartungen sowohl von ihm als auch der Öffentlichkeit klar in Richtung internationalen Fußballs gehen würden. Diesem Anspruch müßte Rechnung getragen werden.
Manager Hoeneß dagegen bremste die Euphorie. „Die Gefahr ist“, sagte der Manager, „daß viele glauben, daß die rasante Geschwindigkeit der Entwicklung künftig fortgesetzt werden kann.“ Es sei nicht angebracht zu glauben, daß wenn in dieser Saison ein Uefa-Platz erreicht werden könnte, in der nächsten Saison die Champions League und dann die Meisterschaft automatisch folgen würden. „Es gibt eben Erwartungen, die mit der Realität nichts zu tun haben“, sagte er.
Trotzdem will Herthas Manager zu den Spitzenklubs der Bundesliga aufschließen und auf dem Transfermarkt nach Topkräften Ausschau halten. „Wir haben den Vorteil, daß wie nicht wie im Vorjahr zehn neue Spieler brauchen. Wir müssen uns nur punktuell verstärken. Aber: Diejenigen, die wir jetzt suchen, sollen uns im internationalen Geschäft helfen. Noch vor ein paar Monaten brauchten wir Leute, die uns ein gesichertes Mittelfeld in der Bundesliga garantierten“, so Hoeneß. „Wir haben heute bei den Transfers ganz andere Konkurrenten als vor zwei Jahren. Bei Marco Bode hat die halbe Bundesliga mitgeboten, Bayern, Stuttgart, Kaiserslautern. Wir müssen uns künftig mit Spielern beschäftigen, die auch der FC Bayern möchte.“ Enttäuscht war Hoeneß dennoch, daß der Bremer vom Berliner Kurs nicht überzeugt werden konnte.
Klar stellte er auch die finanziellen Realitäten in Berlin. „Wenn die Bayern Geld brauchen gehen sie in die Festgeldabteilung, alle anderen gehen in die Kreditabteilung“, bringt er die Situation der Bundesliga auf den Punkt. Die Ansicht, daß die immer größer werdende Kluft zwischen den armen und reichen Klubs der Liga nur Nachteile bringe, wollte Hoeneß nicht teilen. „Der deutsche Fußball braucht große Vereine wie die Bayern. Deutschland muß auch im europäischen Maßstab konkurrenzfähig bleiben.“ Und er verweist auf den „Abstrahlungseffekt“: „Selbst der Letzte in der italienischen Liga verdient mehr als die Klubs der Bundesliga.“
Für Hoeneß gilt es, weiter beharrlich die Standortfaktoren auszuprägen, um „möglichst schnell, aber nicht übereilt“ den Anschluß der Hertha an Klubs der europäischen Spitze zu schaffen. Zu diesen Faktoren zählt der Schwabe den Charakter als Hauptstadt-Klub, die Bedeutung Berlins als industrielles Zentrum und die Identifikation des Umlandes mit dem Verein. Jens Mende/taz
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