: Finanzverwaltung will US-Steuerschlupfloch nutzen
■ Große Koalition drängt auf Blankovollmacht zur Vermietung der Messehallen
Die Zeit wird knapp. Deshalb plant die Große Koalition, der Finanzverwaltung bereits morgen im Vermögensausschuß eine Blankovollmacht für ein windiges Finanzgeschäft zu übertragen: Die Finanzverwaltung will die Messehallen für die nächsten 50 Jahre an einen US-Investor vermieten. Dieser vermietet die Hallen dem Land Berlin flugs für 21 Jahre wieder zurück. Und raus kommt dabei eine Steuererleichterung für den US-Investor. Der wiederum teilt die Einsparung aus dem Scheingeschäft mit der Berliner Finanzverwaltung. So sollen nach Hoffnung der Senatorin 150 Millionen Mark in Berlins leere Kassen wandern.
Bis Ende Mai indes, so heißt es aus der Finanzverwaltung, muß dieses Geschäft über den Tisch sein. Denn nur so lange noch kann man nach den derzeit geltenden (und demnächst zu verändernden) Steuergesetzen der USA solche Transaktionen vornehmen. Danach ist dieses Steuerschlupfloch, von dem das Land Berlin zu profitieren gedenkt, geschlossen. Deshalb auch die große Eile, mit der die HaushälterInnen der Großen Koalition das Projekt betreiben.
Einen Investor kann die Finanzverwaltung noch nicht aufbieten. Sie hat indes schon einen sogenannten Arrangeur verpflichtet: Debis in Kooperation mit dem US-Unternehmen Pricewaterhouse hat nach einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten, die Messehallen mit dieser Art der virtuellen Vermietung zu Geld zu machen. Von debis, die an dem Geschäft nach Experteneinschätzung „einen zweistelligen Millionenbetrag“ verdienen soll, kommt die Vorgabe, eine Vollmacht für das sogenannte Lease-in-lease-out-Verfahren schnell zu erteilen. Bis Ende April, also noch in dieser Woche, müsse die Vollmacht vorliegen, wolle man das Geschäft noch bis Ende Mai abwickeln. Bei der Vollmacht müsse es sich darüber hinaus tatsächlich um eine Blankovollmacht handeln, denn nur auf dieser Grundlage würden US-Investoren Veträge überhaupt erarbeiten.
Für die FinanzexpertInnen heißt dies morgen im Vermögensausschuß: Pistole auf die Brust. Und angesichts dieser Situation appellierte die bündnisgrüne Finanzpolitikerin und Fraktionsvorsitzende Michaele Schreyer an die Koalitionäre, keine Blankovollmacht zu erteilen. „Der Hauptzweck dieses Geschäfts ist es, die amerikanische Steuerbehörde zu bescheißen“, sagte sie gestern. Die Risiken des Projektes seien jedoch völlig ungeklärt. Barbara Junge
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen