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Der 1. Mai war in Bremen fast Nazi-frei!

■ „Spontane“ Gegendemonstration lief fast ohne Zwischenfälle ab / Etwa 3.000 Menschen marschierten friedlich auf der Route durch Osterholz, die die NPD ursprünglich nutzen wollte

Statt der angekündigten 5.000 Nazis wurden am Samstag vor dem DaimlerChrysler-Werk in Sebaldsbrück ganze fünf Glatzen gesichtet. Sie standen den rund 3.000 Gegendemonstranten (andere Schätzungen: 4.000) der linken Szene gegenüber, die später weitgehend friedlich die von der NPD angemeldete Demonstrationsroute abliefen. Die Polizei hatte die nicht angemeldete Demonstration als „Spontandemonstration“ gewertet und nicht verboten, um Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und Polizei zu vermeiden.

Bis Freitag nacht war nicht klar, ob der NPD-Aumarsch stattfindet. Nachdem sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht das Verbot bestätigt hatten, rief die NPD am Freitag nachmittag das Bundesverfassungsgericht an. Um 22.30 Uhr erklärte das Gericht, der NPD-Aufmarsch bleibe verboten, da die Gefahrenprognose der Polizei in der Kürze der Zeit nicht „verantwortlich“ überprüft werden konnte.

Am Freitag hatte die NPD Ersatzkundgebungen in Oldenburg, Bremerhaven und Hannover angemeldet, die ebenfalls allesamt verboten wurden. Die Polizei im ganzen Bundesgebiet überprüfte in der Nacht Busse und Pkw und schickte eine unbekannte Zahl von Demonstranten zurück nach Hause.

Am Bremer Hauptbahnhof wurde am Morgen eine kleine Gruppe von Rechten von der Polizei empfangen, die bereits auf der Zugfahrt randaliert hatten. Um 5.30 Uhr (NPD-Angaben) ließ die Polizei zudem die Demonstrations-Zentrale der NPD in Bremen ausheben. Neun Personen wurden festgenommen. Die NPD veranstaltete als Reaktion auf das Verbot am Samstag kleinere Aufmärsche mit bis zu 500 Teilnehmern an verschiedenen Orten in Deutschland.

Auch Demonstranten aus dem autonomen Spektrum wurden auf ihrem Weg nach Bremen überprüft. Die Polizei habe in einem Auto aus Berlin Materialien zur Herstellung von Molotow-Cocktails gefunden. In der Umgebung des Schlachthofes sei zudem in der Nacht zum Samstag ein Polizeiwagen angegriffen und demoliert worden, worauf die Polizei 14 Personen festnahm. Insgesamt berichtet die Polizei von 19 Festnahmen und 98 „Ingewahrsamnahmen“.

Ab neun Uhr morgens hatten sich am Samstag die Gegendemonstranten an der Endhaltestelle der Straßenbahnlinien 10 und 2 versammelt. Während die Gruppe von Betriebsräten und DaimlerChrysler-Angestellten von dort aus in die Innenstadt zogen, bewegte sich der größere Teil der Versammlung über die Brücke der Sebaldsbrücker Heerstraße in Richtung Osterholz. Auf Höhe von Tor 1 des DaimlerChrysler-Werkes wurde die Demonstration von einem Großaufgebot der Polizei gestoppt. Die Polizei verhandelte eine Dreiviertelstunde mit den Demonstranten, die eine Spontandemonstration auf der ursprünglichen NPD-Marschroute veranstalten wollten.

In dieser Zeit kam es zum einzigen Zusammenstoß zwischen Rechten und Autonomen (s.o.). Fünf alkoholisierte Rechte hielten sich immer wieder direkt hinter der Polizeikette auf. Plötzlich schoben mehrere Polizisten einige der fünf durch die Kette auf die Seite der Gegendemonstranten. Sofort wurden sie von Autonomen umringt, die die Gruppe angriff. Daraufhin ließ die Polizei die Rechten wieder durch die Polizeikette zurückkehren. Einer der Männer wurde kurz darauf in Handschellen abgeführt, als er abermals von hinten auf die Polizeikette zulief.

Die Polizei ließ die Versammlung schließlich als Spontandemonstration zu und begleitete den Demonstrationszug über die neun Kilometer lange Strecke. Vereinzelt wurden Wahlplakate der CDU beschädigt. Um 14 Uhr wurde sie am Ausgangspunkt an der Endhaltestelle Sebaldsbrück friedlich aufgelöst. In Tenever fand zwischen 11 und 13 Uhr ein Straßenfest gegen die rechte Provokation statt. Auch in der Nacht zum Sonntag blieb es in Bremen ruhig.

Innensenator Ralf H. Borttscheller (CDU) zog am Sonntag eine positive Bilanz des „größten Polizeieinsatzes der Bremer Nachkriegsgeschichte“. Von den 4.500 Beamten im Einsatz kamen 1.500 aus Bremen. Für die ausgeliehenen Beamten muß Bremen nun 3,5 Millionen Mark bezahlen. Im Internet kündigt die NPD inzwischen an, für das Pfingstwochenende erneut eine Wahlkundgebung in Bremen anzumelden. Christoph Dowe

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