: Rechtspopulisten der Hauptstadt formieren sich
■ Vier Kleinstparteien treten auf der Liste des „Bürgerbundes“ zur Landtagswahl an. Während die „Republikaner“ nur in Berlin kandidieren, beschränkt sich die DVU auf Brandenburg. Wahlprogramme sind Nebensache
Jetzt werden die Claims abgesteckt. Die Rechten und Populisten Berlins und Brandenburgs wollen sich nicht gegenseitig Stimmen bei den anstehenden Landtagswahlen wegschnappen – um dann alle einzeln an der Fünfprozenthürde zu scheitern.
Zur Berliner Landtagswahl am 10. Oktober werden der „Bürgerbund“, die „BID – Bürgerinitiative für Deutschland“ und der „BFB –Bund Freier Bürger“ deshalb auf der offenen Liste des Bürgerbundes antreten. Mit dabei sind auch die politisierten Laubenpieper: die „WBK – Wählerinitiative Bürger und Kleingärtner“. Spitzenkandidat dieser Allianz der kleinen Parteien wird Heinz Troschitz, ein 51jähriger „Konfliktberater“, der sich schon in Bürgerinitiativen etwa zum Transrapid engagiert hat und Landesvorsitzender des Bürgerbundes ist. An Platz zwei steht Rainhard Bonin, ein Ex-CDU-Abgeordneter im Bezirksparlament von Spandau – der aus seiner Partei ausgeschlossen wurde.
Troschitz will „dem Bürger aufs Maul schauen und das machen, was der Bürger will“. Er bedauert es, daß die Berliner Rechtschreibgegner „erheblich behindert“ würden und daß es keine Abstimmung für eine neue Verfassung nach 1989 gegeben habe. Er fordert „mehr Sicherheit auf der Straße, in der Schule und im Altenheim“, spricht sich für den Namen „Reichstag“ für den „Plenarbereich Reichstagsgebäude“ aus und will, daß Berlin nicht noch einmal Kosovo-Flüchtlinge aufnimmt.
Die Kleingärtner-Partei wünscht sich „für jeden Erwachsenen einen Arbeitsplatz“ und fordert unter anderem keinen „Laubenabriß bei Pächterwechsel“. Die WBK errang bei der letzten Landtagswahl im Oktober 1995 nach eigenen Angaben immerhin fast ein Prozent aller Stimmen – in absoluten Zahlen: 14.672 Wähler.
Weniger harmlos dagegen sind die Forderungen des BFB-Vertreters Torsten Witts, der auf Platz drei der Landesliste kandidiert. Der 34jährige Journalist und Geschäftsführer einer Marketing-Agentur will die Ausländerpolitik zu einem „zentralen Wahlkampfthema“ machen, betont, daß Deutschland kein Einwanderungsland sei, daß die generelle Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft abzulehnen sei, und betrachtet die knapp acht Millionen Ausländer in Deutschland bloß als „Gäste“, die möglichst bald nach Hause sollten. Witt war von 1984 bis 1988 Pressesprecher des Burschenschaftsverbandes „Coburger Convent“.
Am rechten Rand der Hauptstadt haben sich die „Republikaner“ mit der Deutschen Volksunion (DVU) arrangiert. Durch „stillschweigende Übereinkunft“ einigten sich nach den Worten des „Republikaner“-Landeschefs Werner Müller die beiden Rechtsparteien darauf, daß die „Republikaner“ nur in Berlin antreten, während die DVU bei den Landtagswahlen in Brandenburg am 5. September keine Konkurrenz durch die Reps bekommen sollen. Ganz pragmatisch begründet dies Müller: Bei der Landtagswahl vor vier Jahren hätten sie etwa vier Prozent bekommen, die DVU nur zwei. Weil man damit rechne, daß man einen „beträchtlichen Teil“ der DVU-Stimmen bekommt, wäre die Wahl eine „relativ sichere Bank“ für die Reps. In Brandenburg sei dagegen die DVU stärker. Welche inhaltlichen Übereinstimmungen es zwischen den Parteien gebe, kann Müller nicht sagen: Das DVU-Wahlprogramm, so Müller, „kenne ich überhaupt nicht“.
Philipp Gessler
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