: In den Lagern Makedoniens droht der Kollaps
■ Flüchtlingsunterkünfte sind hoffnungslos überfüllt. Erste Kosovo-Albaner nach Kanada ausgeflogen. Großbritannien erklärt sich zu weiterer Aufnahme von Vertriebenen bereit
Der Zustand der in Makedonien und Albanien eintreffenden Flüchtlinge aus dem Kosovo wird zunehmend schlechter. Darauf wies gestern der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Kris Janowski hin. Nach oft wochenlangen Gewaltmärschen seien die Menschen am Ende ihrer Kräfte. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef leiden bis zu 40 Prozent der neu ankommenden Flüchtlingskinder unter erheblichem Flüssigkeitsmangel. In Makedonien, wo das UNHCR seit Montag mehr als 11.600 Neuankömmlinge zählte, fielen einige der Vertriebenen in Ohnmacht, weil sie in unerträglicher Hitze stundenlang warten mußten.
Das UNHCR betonte, deutsche Nato-Soldaten hätten im Akkord neue Zelte errichtet. Die Lager in Makedonien seien aber trotzdem hoffnungslos überfüllt.
Allein in dem Auffanglager Blace an der Grenze zum Kosovo warteten nach UNHCR-Angaben gestern etwa 9.000 Vertriebene auf ihre Evakuierung in andere Lager. „Es ist im Augenblick unmöglich zu sagen, was wir mit all den Menschen machen werden. In den anderen Lagern gibt es keinen Platz“, sagte die Leiterin der UNHCR-Mission in Makedonien, Paula Ghedini. Das erst vergangene Woche eröffnete Lager Cegrane sei mit mehr als 21.000 Menschen bereits voll belegt.
Allein in der Nacht zum Dienstag seien 4.000 Vertriebene in Blace angekommen, teilte das UNHCR mit. Nach Aussagen von Flüchtlingen befänden sich auf der Straße von Podujevo nach Pritina mindestens 20.000 Vertriebene auf dem Weg nach Makedonien.
Nach Meinung des UNHCR schicken die Serben die Menschen aus dem Kosovo absichtlich nach Makedonien, wo die Regierung eine Destabilisierung durch die Flüchtlinge fürchtet. „Wir tun unser Mögliches, um die Situation zu entspannen“, sagte UNHCR-Sprecher Ron Redmond gestern in Skopje. Mit Albanien seien Gespräche über die Aufnahme weiterer Flüchtlinge im Gange. Dort trafen innerhalb der vergangenen 24 Stunden laut UNHCR 700 Kosovo-Albaner ein.
Um die Situation weiter zu entschärfen, hat das UNHCR gestern außerdem damit begonnen, Kosovo-Flüchtlinge aus Makedonien auch in außereuropäische Länder auszufliegen. Ein erster Flug ging nach Kanada. Weitere Flüge nach Australien und in die USA sollen in den nächsten Tagen folgen.
Die britische Regierung will in den nächsten Wochen mehr Flüchtlinge aus dem Kosovo aufnehmen. Innenminister Jack Straw sagte gestern, die Zahl könne bei „bis zu 1.000“ Menschen pro Woche liegen. Bisher sind in Großbritannien etwa 330 besonders hilfsbedürftige Kosovo-Flüchtlinge, in erster Linie Frauen und Kinder, untergebracht worden. dpa/AFP
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