: Roter Teppich für den Papst in Bukarest
Nach langen Kontroversen trifft Johannes Paul II. heute zu einem dreitägigen Besuch in Rumänien ein. Dadurch hofft die Regierung, ihr Image nach innen und im Ausland etwas aufzupolieren ■ Aus Bukarest Keno Verseck
An diesem Wochenende wird Rumänien Schauplatz eines historischen religiös-politischen Ereignisses sein: Von heute bis Sonntag besucht Papst Johannes Paul II. die rumänische Hauptstadt Bukarest. Es ist der erste Besuch eines Papstes in einem orthodoxen Land überhaupt.
Johannes Paul II. trifft in Bukarest ebenso religiöse Würdenträger wie auch den rumänischen Staatspräsidenten und den rumänischen Regierungschef und hält außerdem eine öffentliche Messe ab.
Der Papst-Besuch in Bukarest spielt sowohl außenpolitisch als auch für Rumänien selbst eine große Rolle. Der Vatikan hofft, daß der Besuch Johannes Paul II. den Weg frei macht für weitere Besuche in orthodoxen Ländern. So etwa hat der Papst bereits aus der Ukraine eine Einladung erhalten und erwägt außerdem einen Besuch in Armenien, dessen armenisch-apostolische Kirche der orthodoxen Kirche nahesteht.
Auch für Rumänien selbst ist der Papst-Besuch von großer Bedeutung. Rumäniens regierende politische Klasse bezeichnet ihn als eines der wichtigsten außenpolitischen Ereignisse seit dem Sturz des Diktators Ceausescu im Dezember 1989. Sie erhofft sich davon zum einen eine Verbesserung des Ansehens Rumäniens im Ausland und stellt den Papst-Besuch zum anderen vor der eigenen Bevölkerung als großen politischen Erfolg dar. Wichtig ist dies aus Sicht der jetzigen Regierungskoalition deshalb, weil sie für die Wahlen im nächsten Jahr nicht auf wirtschaftliche Reformerfolge verweisen kann.
Meinungsumfragen bestätigen, daß der Papst-Besuch in der Bevölkerung einen gehobenen Stellenwert genießt: Fast 80 Prozent der Rumänen bezeichnen den Papst-Besuch als wichtig, 60 Prozent glauben, daß er Rumänien hilfreich sein wird.
Geplant war der Papst-Besuch seit langem. Bereits Rumäniens neokommunistischer Ex-Staatspräsident Ion Iliescu hatte Johannes Paul II. eingeladen. Sein Besuch in Rumänien scheiterte jedoch jahrelang am Widerstand der orthodoxen Kirche, deren offizielle Einladung laut Vatikan-Protokoll Voraussetzung für einen Papst-Besuch ist.
Im Hintergund der Weigerung stand der historische Streit mit der griechisch-katholischen Kirche Rumäniens. Sie war 1948 von den Kommunisten verboten worden, um westliche Einflüsse auf das Land zurückzudrängen; die Orthodoxen bekamen ihr Eigentum zugesprochen. Seit 1989 ist die griechisch-katholische Kirche wieder zugelassen und verfügt landesweit über etwa drei Prozent der Gläubigen. Die Griechisch-Katholischen forderten seit 1989 rund 2.000 Kirchen und andere Immobilien in Siebenbürgen zurück, wo sie ihr Zentrum haben.
Nachdem zwischen orthodoxen und griechisch-katholischen Gläubigen jahrelang zum Teil gewalttätige Auseinandersetzungen um Kirchen stattfanden, verhandelt seit Herbst letzten Jahres eine gemeinsame Kommission beider Seiten um die Modalitäten der Rückgabe. Ein vorläufiges Rückgabe-Übereinkommen besteht seit Ende Januar: Damit die orthodoxe Kirche sich mit dem Papst-Besuch einverstanden erklärte, war es notwendig, daß die griechisch-katholische Kirche darauf verzichtete, ihr Eigentum gerichtlich einzufordern. Die orthodoxe Kirche erklärte sich umgekehrt bereit, den Griechisch-Katholischen jene etwa 100 Kirchen zu überlassen, die sie bereits seit 1990 wieder nutzt. Über die Rückgabe weiterer Kirchen wollen beide Seiten nun außergerichtlich verhandeln. Die griechisch-katholische Kirche wird sich allerdings mit der Rückgabe von nur wenigen Kirchen abfinden müssen.
Neben dem noch ungelösten Immobilien-Streit gingen dem Papst-Besuch auch andere Kontroversen voraus. Die rumänische orthodoxe Kirche setzte sich mit ihrer Forderung durch, daß Johannes Paul II. lediglich Bukarest besuchen solle, wo es nur einige tausend Katholiken gibt. Vertreter von Rumäniens anderthalb Millionen Katholiken (6,5 Prozent der Landesbevölkerung) hatten auf einen Besuch von Johannes Paul II. in ihren Zentren in Siebenbürgen und in der Moldau gedrängt.
Rumänische Kritiker der orthodoxen Kirche sehen darin eines von vielen Zeichen, daß die orthodoxe Kirche im Hintergrund die Innen- und Außenpolitik Rumäniens mitbestimmt. Auffällig ist zumindest, daß Vertreter der jetzigen Regierungskoalition wie auch Staatpräsident Emil Constantinescu zunehmend mit orthodoxen Würdenträgern auftreten und auf die Unterstützung der orthodoxen Kirche zurückgreifen, um ihre Popularität zu sichern. Die Unterstützung des orthodoxen Klerus läßt sich die Regierung viel kosten: Vor einigen Monaten wurde im Zentrum von Bukarest der Grundstein für eine orthodoxe Riesenkathedrale gelegt. Sie soll eine der größten Kathedralen Europas werden und trotz der tiefen Wirtschaftskrise in Rumänien aus dem Staatshaushalt bezahlt werden.
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