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Dicke Luft soll dünner werden

Rot-Grün will schwefelarmen Kraftstoff fördern und mit einer geringeren Mineralölsteuer belegen. Elf Aquitaine plant die Einführung von rußarmem Diesel  ■    Von Bernhard Pötter

Berlin (taz) – Neue Treibstoffe sollen die Luftbelastung durch Automotoren deutlich verringern. Die rot-grüne Koalition in Bonn plant, bereits im nächsten Jahr schwefelarmes Benzin mit deutlich weniger Steuern zu belegen als normalen Treibstoff. Und bereits zum Ende 1999 will die französische Mineralölfirma Elf Aquitaine ihren neuen Dieseltreibstoff „Aquazole“ auf den Markt bringen, der weniger Rußpartikel ausstößt als die bislang verwendeten, herkömmlichen Treibstoffe.

Bei der nächsten Benzinpreiserhöhung durch die Ökosteuer um bis zu zehn Pfennig sollen saubere Treibstoffe entlastet werden: Entschwefeltes Benzin soll dann drei Pfennig, schwefelarmer Diesel vier Pfennig billiger sein als herkömmlicher Treibstoff.

Für Stefan Rodt vom Umweltbundesamt (UBA) bringt das schwefelarme Benzin, das Autos und Lkws ohne Umrüstung tanken können, „eine sehr begrüßenswerte Reduzierung der Rußpartikel um 15 Prozent“. Statt der bisher gültigen 200 ppm (Teilchen pro Million) sollen dann die 50 ppm gelten, die eine EU-Richtlinie für 2005 fordert. Andere Länder wie Großbritannien oder Dänemark haben sie bereits erfüllt, und „wir ziehen jetzt endlich nach“, sagt der grüne Umweltpolitiker Reinhard Loske. Wie und ob allerdings der Koalitionspartner mitzieht, ist für die Grünen wieder fraglich: Ein gemeinsamer Antrag von SPD und Grünen, der die Regierung aufforderte, die schwefelarmen Kraftstoffe ab 2000 zu begünstigen, scheiterte in der vergangenen Woche am Veto der Finanzexperten in der SPD-Fraktion. Es sei unnötig, Details aus der Ökosteuer vorher festzulegen, hieß es aus der Arbeitsgruppe Finanzen. „Inhaltlich hat das nichts zu bedeuten, aber es müssen noch Details abgestimmt werden.“

Dazu gehört der Zeitplan: Der Termin 2000 sei „entschieden zu früh“, machte die Veba Oel AG in einem Brief an die rot-grünen Koalitionäre Druck. Keine Entlastung der Umwelt, dafür aber eine „gravierende Beeinträchtigung“ der deutschen Raffinerien befürchtet Veba Oel. Während die Autoindustrie das neue Benzin begrüßt, sperrt sich die Mineralölwirtschaft: Mindestens noch drei Jahre bräuchten die Ölkonzerne, so Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband, um die Raffinerieanlagen zu bauen, mit denen die jährlich 27 Millionen Tonnen Diesel und 30 Millionen Tonnen Benzin schwefelarm hergestellt werden könnten. „Die Steuerbegünstigung darf erst kommen, wenn unsere Anlagen stehen“, so Meyer-Bukow. Der Grüne Loske dagegen will „die Unternehmen belohnen, die hier bereits investiert haben“. Auch bei der Einführung des bleifreien Benzins in den achtziger Jahren hätten die Ölkonzerne „laut geschrien, aber dann ging es doch sehr schnell“.

Einen anderen Marktvorteil erhofft sich der französische Ölkonzern Elf Aquitaine: Mit seinem neuen Treibstoff „Aquazole“ will er den Markt für Dieselkraftstoffe aufmischen: Mit der Beimengung von etwa 13 Prozent Wasser zum normalen Diesel sollen „Aquazole“-Motoren nach Aussagen von Thomas Schallberger von Elf „bis zu 80 Prozent weniger Rußpartikel“ in die Luft blasen. „Unsere Zielgruppe sind vor allem die ÖPNV-Betreiber mit einer großen Busflotte, hohem Verbrauch und einer eigenen Infrastruktur.“ Elf hofft, daß wie bereits in Frankreich auch in Deutschland Aquazole für die 13 Prozent Wasser im Tank von der Mineralösteuer befreit werde, so Schallberger. Derzeit testen 15 Busse der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG den Treibstoff auf Motorenverschleiß und Leistung.

„Die Sache funktioniert“, gibt das UBA grünes Licht für Aquazole; je älter der Motor sei, desto größer der Reduktionseffekt. Keinesfalls würden durch das neue Gemisch allerdings Filter und Kataysatoren überflüssig. Doch bis in etwa zehn Jahren die alten Motoren ausgemustert seien, könne der neue Kraftstoff „sehr interessant“ seien, meint der UBA-Experte.

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