: Mutters Abschiebung ist geplatzt
■ Bundesgrenzschützer akzeptieren die Ausreiseweigerung einer Ghanaerin: „Ohne mein Kind kann ich nicht ausreisen“ / Die Ausländerbehörde verweigert Kindessuche in Polizeibegleitung
Die für gestern geplante Abschiebung einer 31jährigen Frau aus Ghana ist in letzter Minute geplatzt. Nachdem die Mutter einer achtjährigen Tochter sich gegenüber BGS-Beamten geweigert hatte, den Flug via Amsterdam ohne ihr Kind anzutreten, war sie zurück in Abschiebehaft gebracht worden. Dies sei das übliche Verfahren, wenn Personen, die unbegleitet abgeschoben werden sollten, die Ausreise verweigerten, sagte der Leiter des Ausländeramtes, Dieter Trappmann gegenüber der taz. Zugleich kündigte er an: „Wir werden die Frau nächstes Mal begleitet abschieben.“ Der Zeitpunkt der Abschiebung sei wegen vieler Vorbereitungen noch nicht absehbar.
Ghislaine Valter von der Gruppe „Grenzenlos“ zeigte sich über die verhinderte Abschiebung gestern erleichtert. Das Verhalten der Grenzschutzbeamten nannte sie „fair“. Die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin hatte sich noch bis in die Nacht um das Auffinden der kleinen Tochter der Inhaftierten bemüht. „Bisher vergeblich. Der Fall ist ungewöhnlich und kompliziert.“
Die Ghanaerin, die nach einem abgelehnten Asylgesuch fünf Jahre illegal in Deutschland lebte, war im Februar im ostdeutschen Rotlicht-Milieu verhaftet worden. Nachdem die Frau zuerst verschiedene Aufenthaltsorte ihres Kindes genannt hatte, an denen Polizei und Ausländerbehörde jedoch nicht fündig wurden, gab sie zuletzt an, den Kontakt zum Kind verloren zu haben. „Das halte ich für glaubwürdig“, betont Ghislaine Valter. Nach ihren Beobachtungen habe die Mutter sich nicht erst in den letzten Tagen verzweifelt bemüht, die offenbar abgebrochene Verbindung zu möglichen Betreuungspersonen ihres Kindes aufzunehmen. „Die Ausländerbehörde hat nicht Recht, wenn sie behauptet, die Mutter kümmert sich nicht um das Kind.“ Die Behörden nahmen bislang an, daß die Frau den Aufenthaltsort des Kindes bewußt verheimliche, um so ihre eigene Abschiebung zu verhindern.
Ghislaine Valter dagegen hält es für wahrscheinlich, daß das Kind bei illegalen Einwanderern in Ostdeutschland untergebracht sei, die die Nachforschungen der Polizei im eigenen Interesse behinderten. „Aber grundsätzlich haben wir hier das Problem, daß diese Frau per se als Lügnerin gilt – weil sie illegal hier ist und sich prostituiert hat.“ So sei Aufklärung sehr schwer geworden. Das Kind sei im übrigen in Deutschland geboren. „An diesem Fall wird deutlich, daß Rot-Grün sich wie die Regierungen Frankreichs und Italiens endlich Gedanken über die Legalisierung von ,Sans Papiers' machen muß, die teilweise schon jahrelang hier leben“, so Valter. Sie betonte erneut die Bereitschaft der Ghanaerin, gemeinsam mit der Tochter auszureisen.
Die Ausländerbehörde lehnte unterdessen ab, die Frau – wie von ihrem Anwalt gefordert – für die Suche nach dem Kind aus der Haft zu entlassen. Dies werde auch in Begleitung durch Polizeibeamte nicht geschehen, so Trappmann. Man sei jedoch bereit, jedem Hinweis der Mutter auf den Verbleib des Kindes nachzugehen, um beide gemeinsam abzuschieben. „Wir wollen die Mutter ja nicht ärgern.“
Als „Akt der Barbarei“ bezeichnete unterdessen der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Arendt Hindriksen den gerichtlich zugelassenen Abschiebeversuch. Auch das Bremer Kinderschutz-Zentrum wertete dies als Verletzung der UN-Kinderschutzkonvention, die fordert, die Trennung von Eltern und Kindern zu verhindern. ede
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