: Rote Erleichterung
■ Die SPD ist mit ihrem Juniorpartner zufrieden. Vor allem mit Fischer
Bonn (taz) – „Der Fischer“, schwärmen sie immer wieder bei den Sozialdemokraten am Tag nach dem Sonderparteitag der Grünen, der Fischer, was der geleistet habe, wie der sich durchgesetzt habe, wie souverän der gewesen sei, wie der trotz großer Schmerzen die Delegierten auf seine Seite gezogen habe. Diese Glaubwürdigkeit.
Und dann am Schluß diese versöhnlichen Worte an seine Gegner. „Der Fischer ist ein Engel.“
Fischer also der strahlende Held – und die anderen?
Da schütteln die Sozialdemokraten die Köpfe, verdrehen die Augen. „Völlig unwürdig“, was da abgelaufen sei, heißt es. „Kindergarten“. Die Grünen müßten sich von ihren „kindlichen Allmachtsphantasien“ trennen.
Natürlich seien es nicht immer Delegierte der Grünen gewesen, die durch unangemessene Störungen aufgefallen wären. Aber wer frage danach, wenn die chaotischen Bilder vom Grünen-Parteitag um die Welt gingen? Schließlich sei auch die Einladungspolitik der Grünen für das Chaos verantortlich. Eine Regierungspartei und damit die Regierung habe ihr Ansehen beschädigt.
In den offiziellen Stellungnahmen der SPD-Parteioberen hört sich das ganz anders an. Da ist nur Lobendes zu hören. Aber meistens eben nur zum Regierungsmitglied Joseph Fischer. Bundeskanzler Gerhard Schröder läßt verlauten, er sei zufrieden, weil Bundesaußenminister Fischer der Rücken gestärkt worden sei. SPD-Fraktionschef Peter Struck äußert gleichlautend: Das wichtigste Ergebnis des Grünen-Parteitages sei, daß er die Position von Fischer gestärkt habe.
Die Regierung kann also weitermachen wie bisher. Die Grünen stehen nicht im Weg.
Zwar weicht der Beschluß der Grünen, in dem von einer einseitigen Feuerpause die Rede ist, von der Regierungslinie ab, aber damit, heißt es übereinstimmend bei den Sozialdemokraten, könne man leben. Struck weist darauf hin, daß es schließlich nur heiße, eine Feuerpause müsse geprüft werden. Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler urteilt: „So wie das sprachlich eingebettet ist, ist das eher ein Diskussionsansatz.“ Wichtig sei, „daß Miloevic sieht: Fischer ist durchgekommen. Die Koalition läßt sich nicht auseinanderdividieren.“
Fischer also wieder.
Einer der Sozialdemokraten lobt dann doch die Partei: Bundesverkehrsminister Franz Müntefering. „Ich finde das, was die Partei der Grünen da gestern geleistet hat, ist schon ein historischer Schritt gewesen“, sagt der ehemalige Bundesgeschäftsführer der SPD. Die Grünen hätten sich letztlich dazu bekannt, „daß man auch dadurch Frieden sichern kann, daß man dem, der die Menschen drangsaliert und verdrängt, in den Arm fällt. Das ist ganz neu.“
Man kann Münteferings Worte auch so verstehen: Tolle Leistung von den Grünen, daß sie eingeknickt sind.
Aber vielleicht war es ja auch so, wie Ludwig Stiegler vermutet. „Die Einsicht wächst, daß die Bundesregierung der einzige Garant dafür ist, daß nach politischen Lösungen gesucht wird.“ Da sei der Fischer-Friedensplan, die Vorbereitung des G-8-Gipfels, der Rußland bei den Bemühungen um eine diplomatische Lösung wieder ins Boot geholt habe, und wer sei jetzt nach China geflogen?
„Die Bundesregierung“, sagt Stiegler, „ist die treibende Kraft für diplomatische Lösungen.“ Und das sei dringender als je zuvor. Denn bei der sei die Stimmung auch nicht anders als bei den Grünen – nur ein wenig gelassener.
Die Regierung sieht das ähnlich. Aus dem Bundeskanzleramt heißt es: „Der Druck wächst. Lange können wir das nicht mehr durchhalten.“ Markus Franz
Was die Grünen auf ihrem Parteitag geleistet haben, das ist schon ein historischer Schritt gewesen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen