Funkstille zwischen Bonn und Berlin

■ Bei Umzugsfragen ist der direkte Kontakt zwischen dem Bund und der Hauptstadt abgerissen. Berlin will Gespräche fortsetzen

Einst gehörte das Gremium zu den zentralen Institutionen des Regierungsumzugs. Heute sind die Kontakte im sogenannten Gemeinsamen Ausschuß zwischen dem Land Berlin und dem Bund abgerissen. Trotz offener Fragen und großer Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Finanzierung und des Baus gemeinschaftlicher Einrichtungen im Regierungsviertel und des am 6. Juli beginnenden Umzugs von 4.000 Mitarbeitern von Bonn nach Berlin hat sich der Ausschuß seit dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung im Herbst vergangenen Jahres noch nicht einmal getroffen. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) schlug am Wochenende deshalb Alarm und will den Umzugsbeauftragten der Bundesregierung, Bauminister Franz Müntefering (SPD), wieder an den Runden Tisch zwingen.

Nach Ansicht von Senatssprecher Michael-Andreas Butz müssen die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Land sowie dem Bund schnellstmöglich in die Verhandlungsrunde. Streitpunkt sei eine Summe in Höhe von rund 2,5 Milliarden Mark. So stehe beispielsweise eine Einigung darüber aus, wie sich der Bund und Berlin Ausgaben in Höhe von 400 bis 600 Millionen Mark teilen, um den Bau von Straßen, Parks, Grünanlagen und anderen Einrichtungen im künftigen Regierungsviertel zu finanzieren. Außerdem sei unklar, wie für ähnliche Baumaßnahmen am Auswärtigen Amt in Berlin-Mitte oder am Reichstag die Verteilung der Mittel aussehen soll.

Der Ausschuß war 1992 vom damaligen Bauminister Klaus Töpfer und dem Regierenden Bürgermeister gegründet worden. Im Februar dieses Jahres hatten die offenen Finanzierungsfragen erstmals Anlaß zum Streit gegeben. So hatte Bausenator Jürgen Klemann (CDU) mit einem Baustopp im Regierungsviertel gedroht, falls mit dem Bund keine Einigung erzielt werden könne. Nach einer Vereinbarung soll der Bund zwei Drittel, das Land ein Drittel der Gesamtkosten von über 2 Milliarden Mark tragen. Der Bund aber möchte seine Grundstücke im Wert von rund 400 Millionen Mark auf seinen Anteil anrechnen. Das Land lehnt dies ab.

Münteferings Sprecher Michael Donnermeyer bezeichnet die Kritik aus der Senatskanzlei „als nicht nachvollziehbar“ und weicht den Vorhaltungen aus. Nach seiner Darstellung gibt es derzeit im Gemeinsamen Ausschuß bis auf ein „paar Detailfragen nichts Dringliches“ zu besprechen. Donnermeyer: „Es gibt einfach keine brennenden Tagesordnungspunkte.“ Zugleich ließ es das Land wissen, die offenen Finanzierungsfragen müßten direkt mit dem Bundesfinanzministerium geklärt werden.

Berlin will die Abfuhr nicht hinnehmen: Es sei dringend nötig, so Butz, wieder zusammenzukommen. „Ohne Bonn-Schelte“ betreiben zu wollen, müsse Müntefering einsehen, daß die „Schonzeit“ der Einarbeitung in die Materie für den Umzugsbeauftragten vorbei sei. Rolf Lautenschläger