■ Kukident ist Präsident

Fünf Jahre Grausen sind garantiert. Johannes Rau wurde zum Bundespräsidenten gewählt. Wer ihn noch als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens kennt, weiß, was das bedeutet: weitschweifige Anbrüderungsreden, Laienpredigten, demonstrative Gesten christlicher Demut, Sozialdemokratie als Kirchentagsrahmenprogramm. So gesehen hätte der Kriegsregierung Schröder/Fischer kaum ein besserer Deutschland-Repräsentant passieren können. Johannes Rau, auf den Krieg angesprochen, wird das Thema wie jedes andere einfach unter seiner öligen Rhetorik begraben.

Der Kopf von Johannes Rau ist ein Weißbrot, eingeweicht in Milch der frommen Denkungsart. Wenn dieser Kopf nur eine halbe Minute gesprochen hat, kann sich schon niemand mehr daran erinnern, was aus dem Kopf sprach, am allerwenigsten der Kopf selbst. Es ist Redezeit, die sich selbst vernichtet. Jetzt lächelt der Kopf, und man sieht: Kukident ist Präsident, und Kukident ist glücklich. Endlich ist er angekommen: Alle Welt muß sich nun von Bruder Johannes bereisen lassen.

„Welches EU-Land wählt am 23. Mai eine verlogene Klemmschwester zum Staatsoberhaupt?“ fragte in Wien Jochen Herdieckerhoff und löste damit Staunen aus. Herdieckerhoff aus Langenfeld bei Düsseldorf, in Wien seit Jahren Impresario des „Wien ist andersrum“-Festivals, vergleicht Johannes Rau in diesem nicht unzentralen Punkt mit Jörg Haider: zwei Schwestern, die einer verheuchelten Öffentlichkeit ein blöde christlich-heterosexuelles Glück vorheucheln, ein Abziehbild, das niemand glaubt, das aber zwanghaft reproduziert werden muß, von der Öffentlichkeit, in der Öffentlichkeit, für die Öffentlichkeit. Wer dieses Spiel mitspielt, spielt jedes Spiel mit. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Geschwister Johannes.

Wiglaf Droste