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PDS vor Kriegsparteitag

■  Trotz Kritik an der Bonner Jugoslawien-Politik zeichnet sich für den Wahlparteitag am Wochenende eine Mehrheit für eine mögliche Tolerierung von Rot-Grün in Berlin ab

Mit dem Krieg wollen sie anfangen. Erst spricht der Genosse Vorsitzende, Lothar Bisky, über die derzeitige Rolle der Partei des Demokratischen Sozialismus in Zeiten des Krieges. Und anschließend steht eine Resolution „Gegen Krieg, Vertreibung und Nationalismus“ auf der Tagesordnung des PDS-Parteitags am Wochenende.

Die PDS hat ihr Thema. Und einen neuen Anlaß, die alte Auseinandersetzung zwischen ModernisiererInnen und TraditionalistInnen zu führen. Wenn am Samstag das Wahlprogramm für den Herbst verabschiedet und die KandidatInnen für das Abgeordnetenhaus bestimmt werden sollen, steht der PDS nach Befürchtung der Landesvorsitzenden Petra Pau eine scharfe Auseinandersetzung ins Haus. „Kann man“, formuliert Pau die zentrale Frage, „mit kriegsführenden Parteien in irgend einer Form kooperieren?“

Der Parteivorstand anwortet mit einem klaren Ja. Und plädiert in dem zur Verabschiedung stehenden Wahlprogramm für eine Unterstützung einer denkbaren rot-grünen Regierung. Auch wenn die Voraussetzungen einer linken Mehrheit „täglich komplizierter werden“, vor allem „durch die Kriegspolitik der rot-grünen Bundesregierung“.

„Knallharte Oppositionspolitik in der nächsten Legislaturperiode“ verlangt dagegen Wolfgang Brauer in der jüngsten Ausgabe der Parteizeitung LAZ. Unvereinbar, so Brauer, der Wechsel in Berlin mit der Option Rot-Grün. Unvorstellbar, „auf Landesebene die Parteien eines Kriegskabinetts“ zu unterstützen. „Solange sich Momper nicht vom Krieg als Fortsetzung der Politik distanziert, ist er für mich nicht tolerierbar.“ Und der Marzahner Brauer steht nach Einschätzung von Pau nicht allein da. Etwa ein Drittel stünden für diese Sichtweise.

Angesichts dieser Mehrheitsverhältnisse zeigt sich die Parteispitze jedoch optimistisch. Der Streit müsse ausgetragen werden, der Streit müsse entschieden werden. Um dann im Wahlkampf geschlossen auftreten zu können. Doch man rechnet mit einer Zustimmung zu dieser politischen Vorgabe im Wahlprogramm. Und schließlich wird man sich ja auf die Anti-Kriegsresolution einigen können. Darin wird der Nato der Bruch des Völkerrechts und die Forcierung der brutalen Vertreibungspolitik Miloevic' durch die Bombenangriffe vorgeworfen. Die PDS widerspreche allen Versuchen, „den Nato-Krieg als humanitäre Aktion zu verklären“ oder gar „mit Verweis auf Auschwitz zu rechtfertigen“. Zugleich aber distanziere sich die PDS „von allen Versuchen, Antikriegsaktionen für nationalistische Zwecke zu mißbrauchen.“

Zum strukturellen Part des Parteitages wird die PDS angesichts der inhaltlichen Auseinandersetzung erst etwas verspätet kommen: die KandidatInnenliste für das Abgeordnetenhaus. Dabei hat sich die Partei offenbar die SPD zum Vorbild genommen – und setzt sogar noch einen drauf: Wenn die SozialdemokratInnen im Herbstwahlkampf mit einem Quartett antreten, will sich die Parteispitze der roten Socken am Wochenende ein Quintett absegnen lassen. Und, das hofft zumindest Landesvorsitzende Pau, damit besser fahren.

Als letzte der vier im Parlament vertretenen Parteien will die PDS am Wochenende nun ihr Spitzenteam bestimmen. Wie die CDU schickt die Partei ihre KandidatInnen fürs Abgeordnetenhaus per Bezirkslisten ins Rennen. Um jedoch nicht völlig provinziell daherzukommen, werden die ersten fünf Plätze auf der Liste gezielt bestückt: die beiden Fraktionsvorsitzenden Harald Wolf und Carola Freundl, dazu Gesine Lötzsch, Uwe Döring und Marion Seelig als weitere ExponentInnen der Fraktion. Diese Personen jedoch, das machte die Parteispitze gestern klar, stehen für die Unterstützung von Rot-Grün. Sollte die Auseinandersetzung darum wider Erwarten anders verlaufen, stünde auch das Spitzenteam zur Disposition. Barbara Junge

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