: Todesschüsse hinter verschlossenen Türen
■ Nach Gerichtsbeschluß muß Untersuchungsausschuß zur Konsulatsbesetzung vorerst ohne Öffentlichkeit tagen. Endgültige Entscheidung über den CDU-Antrag, der die Aufklärung behindern soll, wird für Ende Juni erwartet
Einen weiteren Teilsieg hat die CDU mit ihrem Störfeuer gegen den parlamentarischen Untersuchungsausschuß errungen, der die Todesschüsse am israelischen Generalkonsulat aufklären soll. Nach einer „Zwischenverfügung“, die der Berliner Verfassungsgerichtshof gestern erließ, muß die Beweiserhebung bis zum 24. Juni unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden. Um zu verhindern, daß unterschiedliche Versionen über den Sitzungsverlauf nach außen dringen, darf der Ausschuß jedoch eine „einvernehmliche Presseerklärung“ herausgeben.
Eigentlich war das Verfassungsgericht zusammengekommen, um über einen Antrag der CDU zu verhandeln, die Zeugen nur zu Einzelaspekten zu hören. Die Ausschußmehrheit aus SPD, Grünen und PDS sieht darin eine Verzögerungstaktik, weil die Zeugen dann bis zu achtmal geladen werden müßten und die Fragen aus dem Zusammenhang gerissen würden. Der CDU-Abgeordnete Andreas Gram wies diesen Vorwurf von sich: „Wir wollen eine gedankliche Ordnung in die willkürlichen Fragen der rot-grün-dunkelroten Mehrheit bringen.“
Nachdem sich die Parteien bei der gestrigen, dreieinhalbstündigen Sitzung des Gerichts nicht auf einen Kompromiß einigen konnten, erließ das Gericht die Zwischenverfügung. Daß die Frist am 24. Juni abläuft, könnte bedeuten, daß das Gericht an diesem Tag eine endgültige Entscheidung fällen wird. Der Ausschußvorsitzende Wolfgang Wieland (Grüne) zeigte sich gestern optimistisch, daß der CDU-Antrag dann zurückgewiesen wird. Anderenfalls würden Grüne und SPD ihre Mitarbeit im Ausschuß beenden, weil dann keine Aufklärung mehr möglich sei: „Dann muß ein neuer Ausschuß eingerichtet werden, wo alle relevanten Fragen knallhart erörtert werden.“ Die SPD sieht das ebenso. „Wir werden keine Zerstückelung der Fragen zulassen, weil die Zeugenvernehmung dann keinen Sinn mehr macht“, sagt der SPD-Abgeordnete Frank Ebel.
Wieland glaubt nicht, daß die Zwischenverfügung auf einen CDU-Sieg vor Gericht hindeutet. In der Sache selbst, also bei der Reihenfolge der Fragen, habe das Gericht dem Ausschuß freie Hand gelassen. Den Ausschluß der Öffentlichkeit, den keine der Prozeßparteien beantragt hatte, hält Wieland jedoch für sehr bedauerlich. Der Innenpolitiker vermutet, das Gericht wolle dadurch eine Abkühlung der Debatte erreichen. Leidtragender sei Polizeipräsident Saberschinsky, der bei seiner Vernehmung am kommenden Freitag keine Möglichkeit mehr habe, seine Sicht des Telefongesprächs mit Staatssekretär Kuno Böse (CDU) öffentlich darzulegen.
In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wollen SPD und Grüne den Untersuchungsauftrag noch einmal präzisieren. Die CDU, so Wieland, blockiere die Aufklärung „nach dem Motto: Jede Woche zählt“. Denn im Herbst endet die Legislaturperiode und damit auch der Untersuchungsauftrag. Plutonia Plarre
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