Erste Kritik in Moskau am Kosovo-Coup

■ Heute verhandeln die Außenminister Rußlands und der USA in Helsinki über die russischen Friedenstruppen im Kosovo

Rußland sonnt sich im Erfolg des Husarenstücks seiner 200 SFOR-Soldaten, die am Samstag in einer Nacht-und-Nebelaktion in Pritina einmarschierten. Doch es regt sich jetzt vorsichtige Kritik. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der russischen Duma und Abgeordnete der liberaldemokratischen Fraktion Jabloko, Alexej Arbatow, kritisierte im Privatsender NTW die Art, wie der Oberkommandierende Boris Jelzin die Aktion gehandhabt habe.

Eigentlich hätte dem Einmarsch eine Entscheidung des Föderationsrates, des Oberhauses der Duma, vorangehen müssen, so Arbatow. Werden russische Truppen außerhalb des eigenen Staatsgebietes eingesetzt, verlange die Verfassung einen Beschluß des Föderationsrates. Der habe nicht vorgelegen. Wie in Rußland üblich, warte die Führung ab: Entwickele sich die Angelegenheit positiv, ernte man die Früchte, schlage sie fehl, will niemand davon gewußt haben.

Außenminister Igor Iwanow erklärte, Moskau sei in der Frage der Stationierung seiner Kosovo-Friedenstruppen zu „vernünftigen Kompromissen“ mit den USA bereit. „Rußland ist nicht mit einer zweitrangigen Rolle einverstanden, möchte aber mit allen anderen zusammen eine aktive Rolle bei der Herstellung des Friedens im Kosovo spielen“, präzisierte er. Die Kompromißbereitschaft dürfe jedoch „nicht zu Lasten der russischen Interessen“ gehen. Iwanow sah „gute Chancen“, bei den heutigen Gesprächen mit US-Außenministerin Madeleine Albright eine Lösung zu finden.

Iwanow wollte noch gestern in Helsinki zu den Gesprächen der Verteidigungsminister Igor Sergejew und William Cohen hinzustoßen. Diese sprachen dort über den Einsatz russischer KFOR-Truppen. Albright und Iwanow wollen die Gespräche heute fortsetzen. Gesucht wird ein Ausweg aus der Konfrontation zwischen russischen und Nato KFOR-Truppen. Rußland lehnt die Eingliederung seiner Verbände in die von der Nato geführte Friedenstruppe ab. 200 russische SFOR-Soldaten aus Bosnien hatten deshalb am Samstag den Flugplatz von Pritina besetzt. Gestern traf dort ein russischer Versorgungskonvoi ein. Moskau fordert für seine KFOR-Einheiten eine eigene Zone im Nordwesten des Kosovo. Die Nato lehnt dies ab, um eine Teilung des Kosovo auszuschließen.

Klaus-Helge Donath, Moskau