: Mahnmal im Parteienstreit
Der jüngste Kompromiß beim Holocaust-Mahnmal ist schon wieder in Gefahr. Bundestagspräsident Thierse lädt nun zum Krisengespräch ■ Aus Bonn Patrik Schwarz
Als der Kulturausschuß des Bundestages begann, sich mit dem Holocaust-Mahnmal zu befassen, hätten viele Abgeordnete vor allem einen Wunsch geäußert, sagt Michael Roth, der die SPD in dem Gremium vertritt: „Bringt doch endlich ein bißchen Ordnung da rein!“ Zu unübersichtlich, zu verwirrend war die Vielfalt der diskutierten Varianten.
Mittwoch abend schien es soweit – die Mehrheit im Kulturausschuß einigte sich auf eine Auswahl von zwei Vorschlägen, die Ende nächster Woche im Bundestag zur Abstimmung kommen sollten: das Feld steinerner Stelen des Architekten Eisenman oder ein Mahnmal mit dem Satz „Du sollst nicht morden“. Dieser Kompromiß ist jetzt wieder in Gefahr.
Nach einem geharnischten Beschwerdebrief des CDU/CSU-Fraktionschefs Wolfgang Schäuble hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) für Montag zu einem Krisengespräch geladen. Ein Sprecher Thierses erklärte, es sei nicht auszuschließen, daß der Kulturausschuß danach erneut zusammenkomme. Die Ausschußvorsitzende Elke Leonhard (SPD) wies diese Möglichkeit gestern zurück. Die Union wirft dem rot-grünen Regierungslager vor, die parlamentarische Absprache verletzt zu haben, das Mahnmal aus jeglichem Parteienstreit herauszuhalten. SPD und Grüne hätten die sechs vorliegenden Anträge zum Mahnmal nach eigenem Gusto auf „zwei Scheinalternativen“ verkürzt. „Alles andere stimmen wir runter“, sei die Devise von Rot-Grün gewesen, kritisiert der kulturpolitische Sprecher der CDU, Norbert Lammert.
Unterdessen gerät auch das rot-grüne Kompromißmodell für die Abstimmung aus den Fugen. Danach soll der Eisenman-Entwurf um einen „Ort der Information“ ergänzt werden. Die Vorstellungen dazu widersprechen sich aber selbst im Regierungslager. Kulturminister Michael Naumann forderte für den „Ort“ einen jährlichen Zuschuß von mindestens 30 Millionen Mark.
Die Ausschußvorsitzende Elke Leonhard (SPD) wie die Grüne Antje Vollmer hatten demgegenüber betont, der Ort werde bescheiden ausfallen, und Naumanns Wunsch nach einem aufwendigen „Haus der Erinnerns“ sei vom Tisch.
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