Kardinal will weiter beraten lassen

■  Nur bei direkter Anweisung des Papstes soll die Caritas aus der Schwangerenberatung aussteigen. Sie betreut nur ein Prozent der Frauen. Grüne fordern Streichung der Zuschüsse

Die katholische Kirche möchte in Berlin weiterhin Schwangerschaftskonfliktberatungen anbieten. „Kardinal Sterzinsky will, daß die Caritas Frauen weiterhin berät“, sagte Kirchensprecher Andreas Herzig gegenüber der taz. Wenn der Papst in seinem noch nicht öffentlichen Brief die Bischöfe jedoch direkt anweisen wird, aus den Beratungen auszusteigen, dann „schulde Sterzinsky gegenüber dem Papst Gehorsam“. Die Bischöfe debattieren derzeit im Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg. Erst morgen soll der Brief veröffentlicht werden und eine Stellungnahme der Bischöfe folgen.

In Berlin gibt es derzeit insgesamt 36 Beratungsstellen, die auch Schwangerschaftskonfliktberatungen durchführen. Sieben sind katholisch – fünf von der Caritas und zwei vom Sozialdienst Katholischer Frauen. Insgesamt machen sie aber nur einen winzigen Anteil aus: 1997 wurden in Berlin 15.660 Beratungsnachweise ausgestellt und 14.532 Abbrüche vorgenommen. Die Caritas im gesamten Bistum, das Berlin und weite Teile Brandenburgs und Vorpommerns umfaßt, führte im gleichen Zeitraum nur 457 Gespräche durch. Immerhin 396 Frauen wollten danach einen Beratungsschein. Die anderen entschieden sich entweder für eine Schwangerschaft oder wandten sich an eine andere Beratungsstelle. 1998 stellte die Caritas im Bistum nur 319 Beratungsnachweise aus.

An der katholischen Beratung gibt es schon seit längerem Kritik, vor allen Dingen von Pro Familia und den Grünen. So muß nach dem Bundesgesetz die Beratung „ergebnisoffen“, gleichzeitig aber auch „für das werdene Leben“ sein – ein mit der katholischen Kirche ausgehandelter Kompromiß. Pro-Familia-Leiterin Silvia Heyer geht davon aus, daß die „Katholiken die Frauen eher dazu bewegen, das Kind zu bekommen, anstatt abzutreiben“. Vor allem weil die Caritas-MitarbeiterInnen sogenannte Bischöfliche Richtlinien beachten müssen, in denen sie angehalten werden, ratsuchende Frauen zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen.

Danach sollen sie ein Gespräch ablehnen, wenn eine Beratung aus „Zeitdruck“ nicht möglich ist, die Frau sich also möglicherweise schon in der 10. oder 11. Schwangerschaftswoche befindet. Abtreibungen sind nur bis zur 12. Woche möglich. Außerdem darf die Schwangere nach der Richtlinie gegenüber der Beratungsstelle nicht anonym bleiben. Das Bundesgesetz sieht dagegen ausdrücklich eine anonyme Beratung vor.

Für Bernd Köppl, den gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen, widerspricht die Richtlinie dem Bundesgesetz. Er hatte daher schon mehrfach gefordert, daß der Senat die jährlichen Zuschüsse von rund einer halben Millionen Mark für Familienplanung der Caritas streichen solle. Die Gesundheitsverwaltung hatte dies abgelehnt, da die Schwangerschaftskonfliktberatung nur zwei bis drei Prozent des gesamten Angebots der Caritas-Familienplanung ausmache. Weit häufiger werde über Verhütungsmittel, Schwangerschaftsverlauf und Kindererziehung beraten.

Köppl erneuerte gestern noch einmal die Forderung, daß, wenn die Caritas zukünftig keine Schwangerschaftskonfliktberatung durchführen werde, das gesamte Budget gekürzt werden müsse. „Das Bundesgesetz sieht vor, daß eine Beratungsstelle Schwangerschaftskonfliktberatungen und Familienplanung durchführen muß.“ Das sei bei der Caritas aber dann nicht mehr der Fall. Julia Naumann

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