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So sparen wir Eichel 30 Milliarden

■  Subventionsabbau, Renten-Nullrunde, Zivildienstverkürzung, Wohnungsbau, Arbeitslosenhilfe ...: Der Bundesfinanzminister stellte gestern der SPD-Fraktion die Eckpunkte seines Sparpakets vor

Bonn (taz) – Die Bundesregierung hat ihr Ziel, im Haushaltsetat für das Jahr 2000 rund 30 Milliarden Mark einzusparen, erreicht. Die Ausgaben des Bundes sollen im Vergleich zu 1999 um eineinhalb Prozent sinken. Die Neuverschuldung verringert sich um rund 4 Milliarden auf 49,5 Milliarden Mark. Das geht aus einem Papier hervor, das Finanzminister Hans Eichel gestern der SPD-Fraktion vorstellte. Bundeskanzler Schröder sagte nach einer Sitzung der SPD-Spitze, die Parteiführung stehe einmütig hinter Eichels Sparkonzept. Die Eckpunkte für Rentenreform und Sparhaushalt sollen bereits morgen endgültig vorgelegt werden.

Eichel erklärte vor der SPD-Fraktion, daß die Finanzlage des Bundes praktisch verfassungswidrig sei. Mit dem Sparpaket der Bundesregierung erfolge eine Weichenstellung für eine strukturelle und dauerhafte Konsolidierung des Bundeshaushalts. Das Sparvolumen von 30 Milliarden wachse bis 2003 auf 50 Milliarden. Damit umfasse das Sparpaket in den nächsten vier Jahren insgesamt 150 Milliarden Mark. Die Nettokreditaufnahme soll von heute 54,5 Milliarden Mark auf 30 Milliarden gesenkt werden. Als mittelfristiges Ziel nannte Eichel einen ausgeglichenen Haushalt.

Über die Rentenreform, die Einsparungen in Milliardenhöhe bringen soll, wurde offiziell noch keine Einigung erzielt. Am Sonntag abend hatte sich die SPD-Bundestagsfraktion grundsätzlich hinter die Vorschläge gestellt, aber noch Klärungsbedarf angemeldet. In der Fraktionssitzung am Montag warb Riester noch einmal für sein Modell der Zwangsrente. Danach ließ er aber Distanz zu seinen bisherigen Vorschlägen erkennen, indem er lediglich davon sprach, daß die Regierung die Eigenvorsorge begünstigen solle.

Sicher scheint dagegen, daß die Rente in den kommenden zwei Jahren nur um die Inflationsrate steigen und sich nicht an die Nettolohnsteigerung anpassen wird. Der Riester-Berater Bert Rürup erwartet allein durch diese Maßnahme bis 2030 Einsparungen bei den Rentenkassen von ca. 100 Milliarden Mark.

Vor allem Arbeitslose müssen bald mit Einbußen rechnen. Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sollen sich in den Jahren 2000 und 2001 am Ziel der Realeinkommenssicherung orientieren. Dadurch sollen 3,5 Milliarden Mark eingespart werden. Durch den Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe wird eine Milliarde erzielt. Zudem will der Bund die Beiträge, die er für Arbeitslosenhilfeempfänger an die Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zahlt, um 5,9 Milliarden Mark reduzieren. Dazu sollen bei der Berechnung der Beitragshöhe künftig nicht mehr 80 Prozent des vor der Arbeitslosigkeit bezogenen Bruttogehalts, sondern die niedrigere Arbeitslosenhilfezahlung zugrunde gelegt werden.

Weitere Milliarden will der Bund durch den Abbau von Subventionen einsparen. So sollen Landwirte keinen verbilligten Diesel mehr beziehen können. Abgebaut werden auch Zuschüsse für die landwirtschaftliche Unfallversicherung, den Küstenschutz, die Werftenindustrie und den sozialen Wohnungsbau.

Auf der anderen Seite sollen Bürger und Firmen weiter entlastet werden. Der Eingangssteuersatz auf Privateinkommen soll bis zum Jahr 2002 in zwei Stufen auf 19,9 Prozent und der Spitzensteuersatz auf 48,5 Prozent gesenkt werden. Die Unternehmen werden im Jahr 2001 um 8 Milliarden Mark netto entlastet.

In der Bundesverwaltung wird die Zahl der Stellen in den nächsten vier Jahren um rund 6 Prozent gekürzt. Die Zahl der Zivildienstleistenden wird verringert und die Dauer des Zivildienstes von 13 auf 11 Monate beschränkt. Markus Franz

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