: Fischer kritisiert vereinbarte Rolle der UÇK
■ Der ungeklärte Status der UÇK beschäftigt europäische Außenminister bei ihrem Besuch in Pristina. Die Befreiungsarmee liebäugelt weiterhin mit der Idee, Polizeitruppe oder Nationalgarde des Kosovo zu werden
Berlin (taz) – Hashim Thaci, der selbsternannte Premierminister des Kosovo, hat „alle Serben, die keine Verbrechen begangen haben“, aufgefordert, in das Kosovo zurückzukehren und zusammen mit den Albanern in einem „demokratischen Kosovo“ im Rahmen einer „modernen zivilen Gesellschaft“ zu leben.
Der führende politische Vertreter der UÇK versuchte damit den Eindruck zu verwischen, daß seine Leute vor allem Rache an den Serben im Sinn haben. Mehrfach mußten zuvor KFOR-Soldaten Serben und Albaner aus dem Gewahrsam der UÇK befreien, denen von UÇK-Mitgliedern Verbrechen oder Kollaboration vorgeworfen und die zum Teil schwer mißhandelt worden waren.
Solche Übergriffe verringern auch die Aussichten von UÇK-Mitgliedern, im Kosovo offiziell als Polizei oder als eine Art Nationalgarde zugelassen zu werden. Das deutsche Außenministerium hat entsprechende Formulierungen in dem Dokument über die Demilitarisierung der UÇK kritisiert.
Dort ist in Artikel 25 der Wunsch der UÇK festgehalten, „geeignete Mitglieder für eine zukünftige Zivilverwaltung oder Polizei vorzuschlagen“ sowie in Anbetracht des ungeklärten zukünftigen Status des Kosovo „die Bildung einer Kosovo-Armee nach dem Vorbild der US-Nationalgarde“ ins Auge zu fassen. Außenminister Joschka Fischer befürchtet, daß ein solches Vorhaben die Loslösung des Kosovo von Jugoslawien vorantreiben könnte.
Der als Hardliner bekannte UÇK-Kommandeur Rrustem Mustafa sagte indes, das Abkommen zwischen der Nato und der UÇK bedeute nicht das Ende der UÇK oder ihres Kampfes für ein unabhängiges Kosovo. Die Rebellen hätten der Abgabe ihrer Gewehre nicht zugestimmt.
Verteidigungsminister Rudolf Scharping hatte zuvor erklärt, er zweifele nicht am guten Willen der UÇK-Führung, ihre Kämpfer entwaffnen zu lassen. Fraglich sei aber, ob sich alle UÇK-Einheiten an das Abkommen halten würden.
KFOR-Oberbefehlshaber Jackson wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das Demilitarisierungspapier der UÇK eine einseitige Erklärung der Befreiungsarmee sei, deren Entgegennahme er lediglich mit seiner Unterschrift quittiert habe.
Fischer und Scharping wollten gestern das deutsche KFOR-Kontingent besuchen, um sich ein Bild von der Lage im Kosovo zu machen. Sie wollten mit KFOR-Kommandeur Michael Jackson, dem UN-Repräsentanten Sergio Viera de Mello und Vertretern internationaler Organisationen sprechen und auf einen schnellen Aufbau der Zivilverwaltung drängen. Außerdem werden sie den britischen Außenminister Robin Cook und den französischen Verteidigungsminister Alain Richard in Pritina treffen. sf
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