■ Schlingensief will Geld wegwerfen, Deutsche Bank nimmt übel
: Eine schöne Aktion

Kunst kann auch schön und interessant sein: Während des Kriegs gegen Jugoslawien war Christoph Schlingensief, Theaterregisseur der Berliner Volksbühne, noch in die eigene Kosovo-Krise gestürzt und hatte seinen Abschied vom Theater verkündet.

Nun hat sich der actionbetonte Parteigründer (Chance 2000) so spektakulär wie weiland Günter Netzer im legendären Pokalfinale gegen Köln wieder zurückgemeldet: Die Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, Kulturstiftung der Deutschen Bank, hatte ihn eingeladen, eine geschlossene Gesellschaft von 200 geladenen Gästen (Schröder & Co.) mit schrägen Theaterspäßen zu unterhalten. Schlingensief hatte eine Inszenierung mit dem Titel „Rettet den Kapitalismus – schmeißt das Geld weg“ angekündigt. In Erinnerung an Karl Liebknecht wollte er sich auf einen Balkon am Reichstag stellen und Passanten mit 100.000 Mark in kleinen Scheinen bewerfen. „Wir schmeißen das Geld weg – ihr sammelt es auf. Das ist Kultur für die Massen“, und so hatten die US-Hippies in den 60ern auch schon mal gemacht.

Eine schöne Aktion, eine gute Aktion, eine antiprotestantische Aktion, die in einem Land, das den Pfennig ehrt, kostspielige Grabmäler per Friedhofsverordnung verbietet, in einer Gesellschaft, die den Schuljungen, der sein Butterbrot wegwirft, verachtet, aber Nahrungsmittel anbaut, um sie zu vernichten, die mögliche Großzügigkeit kapitaler Geldströme betont, das herrschende Image der Deutschen Bank – asozial & parasitär – als Vorurteil entlarvt und den einen oder anderen flinken Passanten auch sehr erfreut hätte. Das wird nun leider nichts. Da wollten Brigitte Seebacher-Brandt und ihre Kollegen vom Kulturkränzchen der Deutschen Bank nun doch nicht mitmachen und sagten die Aufführung ab. Was andererseits auch wieder Teil der Schlingensiefschen Inszenierung ist, die den Fetischcharakter des Geldes, gerade in dem sie gleichzeitig stattfand und nicht stattfand, um so besser herausstellte.

So sind die kulturvollen Geldsäcke: ignorant, geizig und kunstfeindlich sowieso; die Feigenblattfratze des deutschen Kapitals ist nicht mal modern-affirmativ. Ganz altmodisch hätte man sich allerdings zuweilen auch gewünscht, daß Schlingensief so agiert hätte wie Johnny Rotten im „Great Rock 'n' Roll Swindle“. Der hatte die illustre Gesellschaft, die seine Version von „My Way“ bejubelte, am Ende einfach totgeschossen. Was im Fernsehen bestimmt viel hergemacht hätte, aber doch wohl ein Konzept von gestern ist. Detlef Kuhlbrodt