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Verflixte Ausländersteuer

■ Internationale Konzerte in Berlin sind bedroht, Quasimodo fährt „Jazz in July“ herunter

Aus dem Telefonhörer quellen Paragraphen und Flüche. Warum soll jemand, der in Deutschland Geld verdient, nicht auch in Deutschland Steuern zahlen? Der Steuerberater, der penible Ordnungshüter.

Georgio Carioti ist Italiener und mag Jazz. Er betreibt seit über 20 Jahren den Quasimodo-Club in Charlottenburg, in dem die meisten internationalen Jazzkonzerte der Stadt stattfanden. Jetzt hat er keine Lust mehr.

Nicht daß der Jazz jemals das große Geld gebracht hätte. Aber Carioti war musikbegeistert und motiviert genug, die wichtigen und international renommierten Musiker nach Berlin zu holen: Don Cherry, Wayne Shorter, Eddie Harris und viele andere.

Anfang des Jahres hatte Georgio Carioti seine seit zwölf Jahren stattfindende Konzertreihe „Jazz in July“ abgesagt. Vor allem wegen der Ausländersteuer, die für ihn im Jazzbereich nicht mehr tragbar ist. Wer sich als ausländischer Künstler weniger als 181 Tage im Jahr in Deutschand aufhält, muß inklusive Solidaritätszuschlag und Künstlersozialkasse 47 Prozent seines Geldes beim Finanzamt lassen. Die Musiker kontern, indem sie ihre Gagenforderungen erhöhen. Dadurch steigen wieder die Produktionskosten des Veranstalters mit Miete, Gema-Gebühr, Personalkosten usw. Das wiederum erhöht die Eintrittspreise, und am Ende wird's allen zu teuer. Der Spaßfaktor tendiert gegen Null.

Natürlich, so Carioti, gibt es hervorragende Berliner Jazzmusiker, aber das sei keine finanzielle Alternative, da sie keine Exklusiv-Acts sind, für die man einen hohen Eintrittspreis verlangen kann. Außerdem gingen nach wie vor die wichtigen Impulse für den Jazz von Amerika aus. Es geht um ein kulturelles Niveau der Stadt, das einer Metropole angemessen ist. Obwohl totgesagt, findet „Jazz in July“ in diesem Jahr doch noch einmal statt. Und nur, wie Georgio Carioti betont, weil die Musiker selbst unbedingt in Berlin spielen wollten und bereit waren, zu einem „Freundschaftspreis“ zu kommen. Statt wie bisher 18 Jazzkonzerten finden nur noch 7 statt. Darunter ein Doppelkonzert von Taj Mahal, das Pianotrio mit Christian McBride und die Steve Coleman Big Band. Alles Projekte, für die das Quasimodo ein ungewöhnlich kleiner Rahmen ist.

Der Sänger Taj Mahal, eigentlich Henry Saint Claire Fredericks, hatte seinen Einstieg 1965 als Mittzwanziger bei Ry Cooder, nahm danach diverse Bluesplatten auf und ist jetzt in Begleitung von zwei Ukulelen, einer Slack-Key-Gitarre und einer hawaiianischen Steel-Gitarre unterwegs. Er tritt am Dienstag und Mittwoch im ersten Set auf, gefolgt von der Sängerin Linda Tillery und ihrem Cultural Heritage Choir mit Gospel- und Worksongs der afroamerikanischen Musiktradition. Am Dienstag drauf will der ehemalige Miles-Davis-Bitches-Brew-Schlagzeuger Lenny White zusammen mit Chick-Corea-Return-To-Forever-Bassist Stanley Clarke die Fusion ins nächste Jahrtausend führen, und zum Abschluß drängen sich bei Steve Colemans „Council Of Balance“ zwölf Musiker(innen) auf der Bühne. Es wird bis auf weiteres die letzte Gelegenheit sein, sich in konzentrierter Abfolge über die derzeit stattfindenden unterschiedlichen Strömungen im Jazz zu informieren.

Subventionsabbau, Schließung von kulturellen Institutionen, Kultursteuern. Immerhin gibt es schöne bunte Hochglanzprospekte, in denen nachzulesen ist, was für eine tolle, aufgeschlossene und kulturell vielfältige Stadt Berlin doch ist.

Wo kommen die ganzen vielen Steuereinsparungen und Steuermehreinnahmen denn eigentlich hin? Doch der Steuerberater hat schon aufgelegt. Zeit ist schließlich auch Geld. Maxi Sickert ‚/B‘„Jazz in July“ vom 2. bis 18. 7. mit u. a. Taj Mahal, Benny Green, Lenny White, Joe Zawinul, Badi Assad und Steve Coleman. Quasimodo, Kantstraße 12 a, Charlottenburg

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