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Nehmen ist besser als geben

Heute tagt erneut das Bündnis für Arbeit. Außer der erleichterten Altersteilzeit wird Schröders Lieblingsprojekt auch diesmal kaum konkrete Ergebnisse bringen. Keiner will etwas abgeben  ■   Von Barbara Dribbusch

Berlin (taz) – Altersteilzeit, Rente mit 60, Niedriglohnsektor, Überstunden, neue Zusatzrenten – es gibt kein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Thema, das nicht irgendwann mal im sogenannten „Bündnis für Arbeit“ landete. Heute abend tagt die Elefantenrunde mit Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern erneut unter Kanzler Schröder. Doch nur wenig konkrete Ergebnisse sind zu erwarten – Arbeitgeber und Gewerkschafter dämpften im Vorfeld die Erwartungen.

Die Fronten sind klar: Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dieter Schulte, hätte gerne eine konkrete Verabredung, die Überstunden zu reduzieren, um mehr Jobs zu schaffen. Schulte erhoffte sich von der Kanzlerrunde auch konkrete Zusagen für mehr Lehrstellen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt jedoch hat solch konkreten Verabredungen schon abgelehnt. „Ausgeschlossen“ sei etwa eine Ausbildungsplatzgarantie, so Hundt zur Welt.

Die Gewerkschaften wollen außerdem mit den Arbeitgebern über einen Tariffonds sprechen, mit dem die „Rente ab 60“ finanziert wird. „Dieses Thema ist für uns sehr wichtig“, erklärte Klaus Lang, der die IG Metall im Steuerungskomitee des Bündnisses für Arbeit vertritt. Ohne zusätzliche Hilfen drohen den Älteren künftig hohe Rentenabschläge, wenn sie schon mit 60 in den Ruhestand wechseln.

„Wir können nicht mitansehen, daß die Zahl derer, die über die 60 hinaus in den Betrieben bleiben, wächst, während geburtenstarke Jahrgänge in den nächsten Jahren die Ausbildungs- und Arbeitsplätze brauchen“, so Lang. Die Unternehmer haben es jedoch bisher immer abgelehnt, solche Fonds mitzufinanzieren.

Keiner will was abgeben. Gefragt im Bündnis sind daher Beschlüsse, die im Vorfeld keine Zusagen erfordern, niemandem weh tun und möglichst vom Staat ein bißchen mitfinanziert werden. Als einzig konkretes Ergebnis ist daher heute abend ein Beschluß zu erwarten, der eine Neuregelung der Altersteilzeit vorsieht. Darauf hätten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften schon seit längerem geeinigt, erklärte gestern Hans-Joachim Schabedoth, Koordinator der Bündnisgespräche für die IG Metall.

Bisher subventionieren die Arbeitsämter die Gehälter von älteren Mitarbeitern, wenn diese ihre Arbeitszeit reduzieren, bevor sie ausscheiden. Um den Gehaltszuschuß zu bekommen, muß das Unternehmen für den älteren Kollegen einen jüngeren einstellen. Diese „Wiederbesetzungsklausel“ soll für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern geändert werden. Für sie soll ein Arbeitsplatz schon dann als wiederbesetzt gelten, wenn ein Lehrling oder ein anderer Beschäftigter irgendwo im Unternehmen neu eingestellt wurde.

Eine solche Neuregelung würde es auch kleineren und mittleren Betrieben erlauben, ältere Beschäftigte schrittweise ausscheiden zu lassen und dabei die Subventionen der Arbeitsämter zu bekommen. Eine Firma könnte dann beispielsweise einen 57jährigen in Altersteilzeit schicken und dabei das Blockmodell anwenden: Formal dauert die Altersteilzeit dann fünf Jahre, also bis zum 62. Lebensjahr. Der Mann arbeitet jedoch nur bis zum 60. Lebensjahr voll im Betrieb, bleibt dann zu Hause und geht formal mit 62 in Rente. Während der fünf Jahre Altersteilzeit bekommt er bis zu 90 Prozent seines Gehaltes, von dem die Arbeitsämter etwa 20 Prozent subventionieren. Künftig soll es auch Teilzeitkräften möglich sein, in die subventionierte Altersteilzeit zu gehen.

Das „Bündnis für Arbeit“ besteht aus der Elefantenrunde der Gewerkschafts- und Arbeitgeberchefs und der Bundesminister. Eine Ebene darunter tagt noch ein „Steuerungskomitee“, die eigentliche Vorbereitung aber wird in den Arbeitsgruppen geleistet. Nach dem ausgeschiedenen Kanzleramtsminister Bodo Hombach wird jetzt dessen Nachfolger Frank-Walter Steinmeier die Bündnisgespräche organisieren. Noch unklar ist, inwieweit Klaus Gretschmann, Wirtschaftsberater von Gerhard Schröder, ihm diese Arbeit abnimmt.

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