In Fußballand

■ Christoph Biermann

Wenn dir eben jene Frau, die du in seltenem Überschwang der Gefühle für die deines Lebens hältst, während einer Reise auf eine an sich sehr schöne Insel im Mittelmeer, die du nun aber nie mehr zu besuchen wollen glaubst, gerade eröffnet hat, daß sie deine Vorstellungen von Liebe und Zusammensein für ein bedrückend biederes, einengendes und folglich abzulehnendes Konzept hält, da es doch

Tränen, Trainer, Tausch der sexy Blondine, aber kein Tor – ist die Liebe schuld?

keine Gründe für Liebe geben dürfe, sondern eine Absichtslosigkeit, die sich in der Idee ausdrückt, daß man zusammen ist, weil man zusammen ist, dann ist auch Fußball keine Hilfe mehr.

Zumal dein Lieblingsverein gerade einen Trainer eingestellt hat, den du seit geraumer Zeit im Verdacht hast, daß er sich nur mühsam auf dem Weg der Vernunft hält, in Wirklichkeit jedoch von kaum zu bremsendem und schlußendlich zerstörerischem Ehrgeiz durchtost ist.

Und so denkst du also, was dieser Mann wohl machen würde, wenn er deine Tränen sähe. Würde er dich Heulsuse nennen, blöde Schwuchtel schimpfen, oder haben wir es hier nur mit einer weiteren, miesen Projektion zu tun, während besagter Fußballehrer eigentlich völlig unschuldig ist?

An dieser Stelle drängt sich fast nahtlos die Frage auf – manchmal ist es halt besser, über andere nachzudenken – was eigentlich unglücklich verliebte Berufsfußballer machen. Lauert nicht hinter mancher Serie von 790 Stürmerminuten ohne Torerfolg, abfallenden Formkurven im Mittelfeld oder Pleiten, Pech und Pannen zwischen den Pfosten einfach nur ein gebrochenes Herz? Pädagogisch geschulte Trainer kennen die Gefahren aus den Strudeln der Gefühle und bemühen sich daher gelegentlich um klare Verhältnisse, also ihre jungen Spieler zügig in den Hafen der Ehe zu lotsen.

Komplexere Absichten verfolgen sie damit nicht. Es geht bestenfalls darum, die Zahl der problematischen nächtlichen Ausflüge zu minimieren und die Spieler im Privatleben eben jene Verantwortung einüben zu lassen, an der es ihnen schon auf dem Platz mangelt.

Nachwuchs im Haus stärkt diese Tendenz selbstverständlich entscheidend und wird besonders begrüßt. Läßt bei den solchermaßen beeinflußten Spielern der erste Taumel von Heirat und Kindersegen nach, und die Wirklichkeit holt sie ein, beherrschen sie ihr fußballerisches Geschäft bereits so, daß sie etwaige emotionale Wirren zumeist ohne Nachlassen ihrer Leistungsfähigkeit abwickeln können.

Besonders erfolgreiche Spieler wechseln in den mittleren Jahren dann ihre Partnerinnen aus. Die sexy Vorstadtblondine, die der junge Profi aus seiner kleinen Welt mit ins Licht des Profifußballs gebracht hat. ist ja leider nicht mehr so sexy. Sie wird daher gegen einen dunkeläugigen, südländischen Typ ausgewechselt. Offensichtlich ist der Spieler nun selbstbewußt genug, sich mit Frauen zu schmücken, die ewig weiblich wirken.

Bayern Münchens Auslaufmodell Lothar Matthäus ist sogar schon einen Schritt weiter. Nach der Trennung von seiner ersten Ehefrau, die ihn am Start seiner Karriere begleitete, und dem nachfolgenden Wechsel zur dunkelhaarigen Karrierefrau Lolita ist der Held des deutschen Fußballs nun bei der 22jährigen Tochter des Vereinsarztes gelandet – wer immer das analysieren möchte.

Trotz solch interessanter Partnerpolitik gibt es keine Garantie gegen leistungshemmenden Liebeskummer. Daran sollte man vielleicht einmal denken, bevor man das nächste Mal den Mittelstürmer verhöhnt, der frei vorm Tor den Ball in den Himmel schießt. Vielleicht denkt er gerade über seine Idee von Liebe nach.