Kommentar: Muß, aber gründlich
■ Warum die Abfuhr für Abschieber keine linke Freude aufkommen läßt
Alle bezeichnen sich als Sieger, einer jedoch zu Unrecht. Innensenator Wrocklage hat eine Abfuhr einstecken müssen. Die Abschiebepolitik des selbsternannten Tors zur Welt, das setzten GAL und auch SPD gemeinsam gegen den wochenlangen Widerstand des beratungsresistenten Behördenchefs durch, verliert zumindest einige ihrer brutalsten Züge. Ein Grund für Erleichterung zwar, aber keiner zur Freude.
Die Vereinbarung enthält zu viele Formulierungen, die Interpretationen zulassen. Kann- und Soll-Bestimmungen stehen an zwei Stellen, die den Ermessensspielraum der Ausländerbehörde einschränken sollen. Das juristisch unmißverständliche Muß hätte für Klarheit gesorgt.
Auch mehrmalige Verweise auf mögliche Ausnahmen in Einzelfällen stimmen mißtrauisch. Denn mit ihrer jahrelangen tagtäglichen Willkür-Praxis hat Hamburgs Ausländerbehörde jegliches Anrecht auf Vertrauen verloren. Die Formel von der Kontrolle, die besser sei, gilt im vorliegenden Fall nicht: Sie kann gar nicht scharf und lückenlos genug sein.
Beide Regierungspartner müssen nun beweisen, daß sie das Primat der Politik gegenüber diesem – und das darf gerne im Wortsinn verstanden werden – Exekutiv-Organ nun auch strukturell durchsetzen wollen. Lediglich noch Schlimmeres verhindert zu haben, ist zu wenig.
Der unselige Corpsgeist, der in Sonderheit durch die Chefetage dieses Amtes für lebensgefährdende Maßnahmen weht, ist mit einem Papier nicht zu beseitigen. Da sollte nicht, da muß gründlich aufgeräumt werden.
Sven-Michael Veit
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