Schröder will mit CDU über Renten reden

■  CDU/CSU: Vor Gesprächen mit der SPD muß die Kappung der Rentensteigerung zurückgenommen werden. Bundesrat verschiebt Rentenbeschluß. Altersforscher: An Absenkung des Rentenniveaus führt kein Weg vorbei

Bonn (taz/dpa) – Bundeskanzler Schröder und Arbeitsminister Riester (beide SPD) wollen mit der Union Gespräche über eine gemeinsame Rentenreform führen. Genaue Pläne oder einen Termin gebe es aber noch nicht, sagte ein Regierungssprecher gestern in Bonn. Er rechne mit ersten Gesprächen nach der parlamentarischen Sommerpause.

Nach Angaben der Sprecherin des Riester-Ministeriums, Franziska Fitting, soll das Gesprächsangebot an die CDU/CSU-Opposition in den nächsten Wochen „inhaltlich gefüllt“ werden. Die CDU hat für den Monat August eine bundesweite Kampagne zur Rentenpolitik geplant und will Protestbriefe gegen die rot-grünen Rentenpläne an Millionen Haushalte verteilen.

Union ist grundsätzlich zu Konsensgesprächen bereit

Die sozialpolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Birgit Schnieber-Jastram, erklärte gegenüber der taz, die Fraktion sei grundsätzlich bereit zu Konsensgesprächen über die Rente. Zuvor müßte allerdings der Plan der rot-grünen Bundesregierung, die Nettolohnanpassung der Renten für zwei Jahre auszusetzen, zurückgenommen werden. Sie verwies auf die Rentenvorschläge ihrer Fraktion. Darin wird gefordert, den demographischen Faktor wieder einzuführen. Außerdem müsse die Hinterbliebenenversorgung besser geregelt und eine verläßliche „Generationenrechnung“ vorgelegt werden. Alle bisherigen Generationenberechnungen seien für die Bürger nicht mehr durchschaubar, so die Sprecherin.

Schnieber-Jastram sprach sich auch dafür aus, für die Beiträge zur privaten Altersversorgung steuerliche Anreize zu schaffen. Dies plant auch Riester. Bevor man über neue Rentenpläne spreche, müsse man jedoch das im Herbst anstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung der Renten abwarten. Das Gericht will darüber entscheiden, ob die bisher geltende nur teilweise Besteuerung der Renten verfassungsgemäß sei.

Im Bundesrat wurde gestern ein Beschluß über Ablehnungsanträge zu den Rentenplänen der Regierung verschoben. Die Anträge des CDU-geführten Landes Hessen und des SPD-regierten Saarlandes wurden in die Ausschüsse überwiesen. Der Versuch Hessens, eine sofortige Abstimmung durchzusetzen, hatte keine Mehrheit gefunden. Der saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt hatte sich mit der Überweisung einverstanden erklärt.

Klimmt fürchtet Stimmenverluste bei Landtagswahl

Zuvor hatten der hessische Ministerpräsident Roland Koch und Klimmt ihre Ablehnung der Rentenerhöhung nach Inflationsausgleich bekräftigt. Die Abkehr von der Nettolohnanpassung mache die Rentenerhöhung zu einem „gnadenhaften Zuweisungsakt“, sagte Koch. Klimmt meinte: „Das ist ein Systemwechsel, dem das Saarland nicht zustimmen kann.“

Der SPD-Ministerpräsident muß allerdings auch befürchten, daß seine Partei durch die Bonner Rentendebatte bei der kommenden Landtagswahl hohe Stimmenverluste erleidet, und hat schon daher ein konkretes Interesse, als Gegner der Riesterschen Sparmaßnahmen dazustehen.

Der Darmstädter Volkswirt und Rentenexperte Bert Rürup erklärte gestern während eines Altersforscher-Kongresses in Berlin, an der Einführung eines demographischen Faktors und einer gleitenden Absenkung des Rentenniveaus führe kein Weg vorbei. Das sei der Preis für eine größere Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Der demographische Faktor hätte zur Folge, daß das Rentenniveau sinkt, wenn die Lebenserwartung steigt. Er führt besonders bei späteren Rentnergenerationen zu niedrigeren Bezügen. BD

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