Hessen-Süd mag Sparpaket des Hessen Eichel nicht

■ Mit einer Unterschriftensammlung erzwangen linke Genossen einen Sonderparteitag des Unterbezirks. Das „unsoziale Streichorchester“ der Bundesregierung soll auf den Prüfstand

Frankfurt (taz/dpa) – Ausgerechnet Hessen fallen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) aus Hessen in den Rücken. Die linken Genossen in Frankfurt um Gernot Grumbach, den Vizechef des SPD-Bezirks Hessen-Süd und ehemaligen Vorsitzenden der hessischen Jungsozialisten, erzwangen mit einer Unterschriftensammlung einen Sonderparteitag des Unterbezirks zum Thema „Sparpaket der Bundesregierung“.

Grumbach und das Vorstandsmitglied der Frankfurter SPD, Oliver Nöll, übergaben gestern in der Geschäftsstelle der Partei eine Liste mit den 92 Unterschriften – vier mehr als nach der Satzung für die Einberufung eines Sonderparteitages vorgeschrieben.

In Frankfurt wird also das Sparpaket, dieses „unsoziale Streichorchester“ (Nöll), auf den Prüfstand kommen. „Wir wollen eine andere Politik der Bundesregierung. Und wir hoffen auf eine bundesweite Signalwirkung“, so Nöll.

Anhänger von Oskar Lafontaine sind sie alle, die sich in die Liste eingetragen haben. Rentner, sozial Schwache und Arbeitslose dürften nicht noch weiter belastet und im Gegenzug die großen Konzerne noch stärker entlastet werden als zu Zeiten von Helmut Kohl, heißt es in dem begleitenden Aufruf zur Unterschriftensammlung. Die SPD müsse die „Schutzmacht der kleinen Leute“ bleiben.

Und Lafontaine wird denn auch (erweitert) zitiert: „Das Herz schlägt links – und nicht an der Börse.“ Intern haben die Genossen im zweitgrößten deutschen SPD-Bezirk Hessen-Süd bereits das sogenannte „Schröder-Blair-Papier“ in der Luft zerrissen; zu diesem Thema wird im Bezirk ein Sonderparteitag im Oktober einberufen werden.

Die Genossen in Frankfurt wollen die Debatte um das „Sparpaket“ schon früher führen; am liebsten noch vor dem Landesparteitag am 21. August. Auf dem will Bundesfinanzminister Hans Eichel für zwei weitere Jahre zum Landesvorsitzenden der hessischen SPD gewählt werden.

Die Lager formieren sich. Vereinzelt werden schon Zweifel an der Notwendigkeit einer Wiederwahl von Eichel geäußert. Der residiere als Bundesminister schließlich in Berlin und nicht mehr in Hessen. Noch ist die Linke allerdings selbst in Hessen-Süd in der Partei nicht mehrheitsfähig.

Gernot Grumbach, Wortführer der Linken, unterlag vor Monatsfrist beim Kampf um den Bezirksvorsitz dem ehemaligen hessischen Innenminister Gerhard Bökel, einem Vertreter des rechten Flügels.

Kritik am Vorstoß von Grumbach und Genossen äußerte denn auch der Vorsitzende des traditionell eher rechten Bezirks Hessen-Nord, Udo Schlitzberger. Es sei nicht besonders hilfreich, Hans Eichel ausgerechnet jetzt in den Rücken zu fallen, wo der doch „mit allen möglichen Lobbyisten kämpfen“ müsse, sagte Schlitzberger.

Klaus-Peter Klingelschmitt