: Datenschützer gegen CDU-Briefe
■ Stuttgarter Landesbeauftragter: Weitergabe der Adressen für Rentenkampagne ist unzulässig. Landesinnenministerium hat keine Bedenken. SPD spricht von Mißbrauch
Berlin/Stuttgart (AP/AFP/taz) – Der baden-württembergische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Werner Schneider, hat die Briefkampagne der CDU zu den Rentenplänen der Bundesregierung scharf kritisiert. „Für die Herausgabe von Daten aus dem Melderegister gibt es in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage“, sagte Schneider.
Wegen der anstehenden Kommunalwahlen im Herbst dürfen die Einwohnermeldeämter den Parteien zwar auf Wunsch Daten von Wahlberechtigten liefern. Diese dürften aber ausschließlich für die Wahlwerbung benutzt werden, sagte Schneider. „Ein Brief wegen eines Anliegens, auf das die Kommunen von Rechts wegen keinen Einfluß haben, kann keine Werbung für die Kommunalwahlen sein.“ Dies könne man bei der CDU-Aktion schon daran erkennen, daß sie bundesweit stattfinde.
Anders sei die Situation in Ländern, in denen Landtagswahlen bevorstehen, erläuterte Schneiders Stellvertreter Franz Körner. Da die Länder über den Bundesrat Einfluß auf Bundesgesetze nehmen könnten, könne auch die Rentenpolitik Thema einer Landtagswahl sein, so Körner.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Schäuble (CDU) hat mit der Adressenweitergabe kein Problem. Welche Themen die Parteien im Wahlkampf aufgriffen, sei ihnen freigestellt. An dem Rentenbrief ist nach Ansicht des Innenministeriums nichts auszusetzen, weil Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik eng verflochten seien.
Die CDU hält Schneiders Kritik für „sehr eng argumentiert“, so ein Parteisprecher. Bei den Briefen, die von der kommenden Woche an versendet werden, handele es sich um eine Aufklärungskampagne. Es sei zudem auffällig, daß sich bislang nur ein einziger Datenschützer beschwert habe.
SPD-Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner warf der CDU hingegen vor, die Adressen von unbescholtenen Bürgern für „parteipolitische Propaganda zu mißbrauchen“.
Mit sieben Millionen Briefen des Parteivorsitzenden Wolfgang Schäuble will die CDU ihre Kritik an der Rentenpolitik der Bundesregierung unters Volk bringen. Das läßt sich die Partei 400.000 Mark kosten. juw
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