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Künstler, Journalisten, Rentner – alle kriegen weniger

■ Die Diskussion um die Sparpläne der Bundesregierung gewinnt an Schärfe

Berlin (dpa/AP/AFP) – Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will zum 1. Januar 2.000 Künstlern, Artisten und Journalisten ihre bisherigen Werbungskostenpauschalen von bis zu 4.380 Mark im Jahr streichen. Eine Sprecherin des Finanzministeriums betonte allerdings, daß diese Berufsgruppen wie andere Angestellte auch weiterhin Anspruch auf die Werbungskostenpauschale in Höhe von 2.000 Mark jährlich hätten. Darüber hinaus anfallende Werbungskosten können sie auf dem Weg des Einzelnachweise selbstverständlich weiterhin geltend machen. Kritik, es handele sich dabei um eine heimliche Steuererhöhung für die betroffenen Berufsgruppen, wies die Sprecherin des Finanzministeriums zurück und erinnerte daran, daß der Bundesrechnungshof bereits seit Jahren Kritik an diesen Steuerpauschalen geübt habe.

Der ÖTV-Vorsitzende Herbert Mai hat am Wochenende eine Nullrunde bei den nächsten Tarifverhandlungen kategorisch abgelehnt, wie dies der Mainzer Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) letzte Woche gefordert hatte. Demnach sollen die Löhne für alle Arbeitsnehmer in den Jahren 2.000 und 2.001 nur in Höhe der Inflationsrate angehoben werden. Mai verwies darauf, daß man in den 90er Jahren in mehreren Tarifrunden nur die Inflationsrate ausgeglichen habe, in der Hoffnung, daß dadurch Beschäftigung entstehe. Doch genau das Gegenteil ist eingetreten. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder hält es für falsch, in boomenden Industrien die Arbeiter nicht am Erfolg partizipieren zu lassen.

Die Rentenkasse befindet sich nach Ansicht von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) in einer „dramatischen Lage“. Wenn die Politik jetzt nicht mit einer durchgreifenden Reform umsteuere, werde das System ab dem Jahr 2014 überfordert, sagte Riester der Bild-Zeitung von heute. Riester sprach sich zugleich gegen eine stärkere Steuerfinanzierung der Rentenkasse aus. Schon heute finanziere der Bund aus dem Steueraufkommen rund ein Drittel der Rentenausgaben.

Im Streit um die Rentenreform sind die Fronten weiterhin verhärtet. Ob zu einem Rentengipfel zischen Regierung und Opposition geben wird, ist weiterhin ungewiß. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte gegenüber dem Spiegel: „Ich sage klipp und klar: Für die Union gibt es keine Rentengespräche mit der Bundesregierung, solange der Rentenbetrug nicht vom Tisch ist.“ Nach dem Beschluß der Bundesregierung sollen die Renten in den Jahren 2.000 und 2.001 nicht wie bisher der Nettolohnentwicklung folgen, sondern der voraussichtlich niedrigeren Inflationsrate.

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