: BDA gegen Kassel
■ Arbeitgeber erwägen Verfassungsklage gegen BAG-Urteil zu Verbandsklagerecht
Bonn (dpa) – Die Arbeitgeber haben die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum gewerkschaftlichen Klagerecht gegen Vereinbarungen betrieblicher Arbeitsbündnisse als „verfassungswidrig“ bezeichnet. Die Entscheidung offenbare „ein falsches Grundverständnis über das Verhältnis von Privatautonomie und Tarifautonomie“, kritisierte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA).
Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner sagte gestern in Bonn, er sehe in dem Spruch einen Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit. Sein Verband erwäge Verfassungsbeschwerde, wolle aber den Ausgang des Verfahrens abwarten, das vom BAG an die Vorinstanz zurückverwiesen wurde. Die Kasseler Richter hatten im April den Gewerkschaften ein Klagerecht gegen betriebliche Regelungen zugestanden, die vom Tarifvertrag abweichen. Der Wortlaut der Entscheidung wurde erst vor wenigen Tagen veröffentlicht.
Im vorliegenden Fall waren Betriebsrat und Firmenleitung eines wirtschaftlich unter Druck geratenen Betriebes übereingekommen, statt der vereinbarten 35 Stunden wöchentlich 39 Stunden zu arbeiten und die 36. und 37. Stunde nicht gesondert zu entlohnen. Dafür wurde eine Arbeitsplatzgarantie von vier Jahren zugesichert. In einzelvertraglichen Regelungen stimmten fast alle Arbeitnehmer dieser Vereinbarung zu.
Rechtspolitischer Angelpunkt bei dem Streit ist für Göhner die Auslegung des sogenannten Günstigkeitsprinzips, das Abweichungen vom Tarifvertrag nur dann toleriert, wenn Arbeitnehmer dadurch günstiger gestellt werden. Das BAG sah in der zugesagten Beschäftigungsgarantie keine Besserstellung der Beschäftigten. Der BDA forderte deshalb den Gesetzgeber zu einer „Klarstellung“ in seinem Sinne auf.
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