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„Wir brauchen ein neues Dienstrecht für Professoren“

■ Der Präsident der Hochschulrektoren, Klaus Landfried, will Professoren den Beamtenstatus nehmen. Auch Studierende sollen Noten verteilen

taz: Nehmen wir an, ein Professor kommt nur an zwei Tagen der Woche in die Universität und verfolgt seine Lehre nur nachlässig. Was macht ein Rektor da?

Klaus Landfried: Das erreicht den Rektor erst mal gar nicht. Es fällt auf, wenn die Assistenten der Fakultät maulen, weil sie die Vorlesungen halten müssen. Oder wenn Studenten sagen, jetzt war er schon wieder nicht da. In der Regel wird der Leiter der Fakultät versuchen, mit dem Kollegen ein ernstes Wörtchen zu reden. Aber es gibt auch hartnäckige Fälle ...

... die man dann rauswirft?

Nein, es gibt nach dem gegenwärtigen Dienstrecht leider keine Möglichkeiten, wirksame Sanktionen gegen Kollegen zu verhängen. Kolleginnen sind es übrigens so gut wie nie, es sind fast immer nur Männer, die sich pflichtwirdrig verhalten. Aber kündigen kann man nicht.

Professoren als kleine Adlige, geschützt durch Beamtenrecht und Forschungsfreiheit, denen man gar nichts kann?

Natürlich könnte man ein Disziplinarverfahren versuchen. Aber die müssen ja auch nach rechtsstaatlichen Regeln ablaufen. Das dauert lang. Meist sind die Kollegen schon im Ruhestand, ehe das greift.

Was kann man tun?

Erstens müssen wir die vielen motivieren, die sich Mühe geben – durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Denn die Professoren, die sich pflichtwidrig verhalten, kommen relativ häufig in überlaufenen Fakultäten vor. Unter den „faulen“ Professoren sind viele frustrierte Kollegen. Zweitens wollen wir einen zusätzlichen Anreiz durch leistungsbezogene Anteile im Gehalt.

Das heißt: Zur Verbeamtung kommt noch ein leckeres Zubrot für die Professoren hinzu?

Wir brauchen ein vernünftiges Dienstrecht. Wir müssen Verträge mit den Professoren schließen, in denen Pflichten festgelegt sind. Wer ein Freisemester für Forschung will, muß auch Publikationen nachweisen.

Sie wollen weg vom Beamtentum?

Ich persönlich schon. Aber die Rektorenkonferenz geht nicht so weit. Es herrscht Konsens darüber, die Angestelltenstellen zu vermehren. Das bringt mehr Flexibilität und erlaubt Teilzeitbeschäftigung.

Was stört Sie am Beamtenrecht?

Daß es 19. Jahrhundert ist. Dem klassischen Beamten, der sich für seine treue Pflichterfüllung vom Staat alimentieren läßt, ist der moderne Leistungsgedanke eher fremd. Solche Beamte kommen heute in den Hochschulen kaum noch vor. Ich kenne Professoren, die benutzen für ihre Tätigkeit das Wort Job. Andere Kollegen finden das herabsetzend, aber so fassen die meisten inzwischen ihre Aufgabe auf. Ein Blick in die Schweiz, die das Beamtenprinzip aufgegeben hat, zeigt, daß es gute – und freie – Wissenschaft auch ohne den Beamtenstatus gibt. Daß die Freiheit erhalten bleiben muß, da gibt es überhaupt keinen Zweifel.

Wie mißt man Faulheit?

Gerade laufen Evalutionen an, das ist so etwas wie die Noten für den Professor. Und da schreibt das Hochschulrahmengesetz eine Beteiligung der Studenten vor. Sie sind es, die ihre Professoren am besten auf ihr Lehrengagement oder ihre Vorbereitung hin beurteilen können. Interview: Christian Füller/ Georg Gruber

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