piwik no script img

Das Bellen der Eliten

Wer ist der faulste Prof im Land? Die Chefs der Hochschul- und Professorenlobbies bewerfen sich mit Dreck  ■   Von Christian Füller

Berlin (taz) – Hartmut Schiedermair ist ein Mann von vornehmer Zunft. Der 63jährige gehört der feinen Gesellschaft der deutschen Staatsrechtslehrer an, ja, er rechnet sich gar zu den Völkerrechtlern, die noch ein hauchdünnes Moment elitärer sein mögen.

Gestern vergaß sich der feine Mann. Der Herr Landfried sei selbst nie ein „fleißiger Professor“ gewesen, erboste sich Schiedermair über einen Kollegen. Ja, der Herr Landfried habe sich „die Mühe einer Habilitation erspart“ und sei weder in Lehre noch Forschung hervorgetreten. Kurz: Der Herr Landfried sei Berufsfunktionär und mithin selber ein fauler Professor, schmiß Schiedermair mit Dreck.

Die FAZ druckte prompt, was den Auftakt einer hübschen Schlammschlacht abgeben dürfte: Wer ist der faulste Professor im Land? Denn Klaus Landfried, der Vorsitzender der deutschen Hochschulrektoren ist und via taz die Abschaffung des Beamtenstatus für Professoren gefordert hatte, will nicht zurückstehen. Da „bellt der getroffene Hund“, konstatierte Landfried. In Wahrheit sei Hartmut Schiedermair seit 20 Jahren Berufsfunktionär beim Hochschulverband. Forschungsbeiträge von Herrn Schiedermair, bemerkte der Politikwissenschaftler maliziös, „sind mir nicht bekannt“.

Da hat Landfried allerdings etwas übersehen. Quoll in der taz doch eine siebenseitige, engbedruckte Publikationsliste des „Universitätsprofessors Dr. Hartmut Schiedermair“ aus dem Fax. Darunter befinden sich Aufsätze, in denen sich Schiedermair so Unappetitlichem wie einem Exorzistenprozeß widmet. Das war 1980, und auch sein Pressesprecher vermochte nicht mitzuteilen, ob „Die Sache mit dem Teufel“ den Auftakt der Schiedermairschen Funktionärstätigkeit darstellte. Seit 1980 ist der Universitätsprofessor Schiedermair nämlich Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Das ist eine Art fünfte Kolonne des Beamtenbundes, ein Kampfverband von 17.000 professoralen Staatsdienern, der nur eins im Sinn hat: Der Beamtenstatus muß bleiben. Nein, er muß sogar ausgebaut werden, forderte Schiedermair nun, die Gunst der Stunde nutzend. Er fordert ein eigenes Dienstrecht für Professoren, das dem der Richter ähneln soll – ein Beamtenrecht de Luxe.

Klaus Landfried bekräftigte indes gegenüber der taz seine Haltung: „Der Professorenstand ist eine der Zünfte, die aus grauer Vorzeit stammen“, sagte er. Das Problem sei deren unzeitgemäße Rechtsstellung, die Sanktionen gegen säumige Kollegen praktisch unmöglich mache.

Und was meinen die Studenten? Nichts, sie sind in Urlaub. Sie haben ohnehin nichts zu sagen. Zwar sollen sie in Zukunft Noten für ihre Professoren verteilen. Aber selbst eine Sechs hätte keinerlei Folgen – denn Professoren sind verbeamtet, unkündbar, kaum versetzbar.

Schiedermair: „Er weiß nicht, wovon er redet.“ - Landfried: „Seine Forschungbeiträge sind mir nicht bekannt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen