: Hitze-Streß in den Berliner Forsten
■ Der Zustand der Wälder bleibt angespannt: Ursachen sind Schadstoffe und ungünstige Witterungen sowie starke Belastungen durch Ozon. Waldschadenserhebung hat begonnen
Klein sind sie und grau – die Flecken auf so manchen Blättern starker deutscher Eichen. „Aufmerksame Spaziergänger“, erläuterte gestern der Sanierungsbeauftragte der Berliner Forsten, Elmar Kilz, anläßlich des Starts der diesjährigen Waldschadenserhebung, „können diese akuten Schäden des Sommersmogs mühelos erkennen.“ Die Eiche sei der einzige Baum, präsentierte Kilz eine neue wissenschaftliche Erkenntnis, dessen Poren an den Blättern die relativ großen Ozonmoleküle aufnehmen könnten. Diese richteten dann „konkrete Vergasungschäden“ an.
Auch die erste Prognose des diesjährigen Waldschadensberichtes, der im Herbst vorliegen wird, ist ernüchternd: Wie im vergangen Jahr dürften sich die „Waldschäden auf hohem Niveau stabilisieren“, so Kilz. Zwar dürfte sich die Situation bei den Kiefern, die rund 50 Prozent der Berliner Waldbäume ausmachen, leicht verbessern. „Bei den Eichen sieht es jedoch nicht gut aus.“ 1998 waren lediglich 28 Prozent der Waldbestände ohne sichtbare Schäden, 60 Prozent waren leicht geschädigt, und elf Prozent wiesen Schäden bis hin zum Absterben auf. Dieser Trend dürfte sich nach den Worten Kilz' auch in diesem Jahr bestätigen. In den nächsten Wochen werden Berliner Förster 3.840 Bäume auf den Grad ihrer Schädigung untersuchen.
„Allerdings ist das öffentliche Interesse an den Waldschäden abgeflaut“, kritisierte der Sprecher des Landesforstamtes, Marck Franusch, auf Nachfrage. Eine Ursache dafür sei auch die Panikmache in den achtziger Jahren gewesen. „In fünf Jahren ist alles tot“, habe es damals geheißen. Eine Prophezeiung, die sich nicht bestätigt habe. Dennoch könne man noch lange keine Entwarnung geben, so Franusch. Insbesondere an den Hauptverkehrsstraßen seien „Waldschäden evident“.
Hauptursache für den immer noch „schlechten Zustand der Berliner Wälder sind nach wie vor hohe Schadstoffkonzentrationen in der Luft“, erklärte eine Sprecherin der Umweltverwaltung. Sie schädigten die Bäume direkt und trügen zur Versauerung der Waldböden bei. Eine große Rolle spielten dabei Stickstoff- und Schwefelverbindungen sowie die starke Belastung durch Ozon in den Sommermonaten, so die Sprecherin. Auf eindeutige Ursachen wollte sich Kilz jedoch nicht festlegen lassen. Große Gefahren für den Wald entstünden auch durch Schädlinge und ungünstige Witterungen: In zu milden Wintern fehlten Ruhephasen für die Vegetation, zu trockene Frühjahre erschwerten den Blattwuchs, und zu heiße Sommer seien „einfach Streß für Bäume“. Und andere Lebewesen. Richard Rother
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen