■ Mit der Atomwirtschaft auf du und du: Liebesgrüße aus Paris
Berlin (taz) – Frankreichs Regierung gibt sich alle Mühe, daß Siemens Gefallen findet an der französichen Atomindustrie. Vorgestern kündigte Finanzminister Dominique Strauss-Kahn an, daß man die Kräfte der heimische Atomindustrie in den Händen des Staates bündeln und einen europäischen Partner suchen wolle. Der „natürliche Partner“ sei Siemens, ergänzte Industrieminister Christian Pierret.
„Das hört man gern“, sagt dazu der Sprecher der Kraftwerkssparte (KWU) von Siemens, Wolfgang Breyer. Solch Liebeswerben sei schön, nur sehe man bei Siemens in einer Kapitalbeteiligung an Framatome derzeit keinen Nutzen.
Dabei hat Frankreich Siemens einen großen Gefallen getan. Es veranlaßte den privaten Elektrokonzern Alcatel, sich zurückzuziehen aus Framatome, das die französischen Akws herstellt. Alcatal ist aber in vielen Bereichen, etwa Telefonanlagen, Elektromotoren, Kabeltechnik und Industrieelektronik, ein erbitterter Rivale von Siemens – und damit ein Störfaktor bei der Zusammenarbeit von Framatome und Siemens.
Alcatel hielt 44 Prozent der Framatome-Anteile und strebte lange nach der Mehrheit, was die Regierung vereitelte. Nun sollen Alcatels Anteile bis auf 14 Prozent an die Cogema gehen, die staatliche Wiederaufarbeitungsfirma, die La Hague betreibt. Damit steigt der staatliche Anteil an Framatome von 51 auf 80 Prozent. Alcatel soll als Gegenleistung vom Staat weitere Anteile am Rüstungselektronikkonzern Thomson-CSF erhalten – und steigert seinen Anteil auf über 25 Prozent.
So ist man bei Siemens-KWU froh, daß nun die Kooperation mit Framatome leichter wird. Zusammen hat man die Nuclear Power International (NPI) gegründet, die den Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) – eine Verschmelzung und Weiterentwicklung der Reaktorlinien von Siemens und Framatome – vermarkten soll. Außerdem kooperiert man projektweise bereits bei der Umrüstung osteuropäischer Reaktoren, sowie bei Dampferzeugern für AKWs. M. Urbach
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