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„Stoiber wollte die Pleite nicht im Wahkampf“

■ Bayerns SPD-Fraktionsvize Franz Maget: Ministerpräsident Stoiber trägt die Verantwortung für die Wohnungspleite. Stoiber wurde vom Aufsichtsrat regelmäßig über den Stand der Dinge informiert

taz: Wie kann eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft über 360 Millionen Mark verlieren?

Franz Maget: Das liegt an einer geänderten Geschäftspolitik in den Jahren 1990/91. Bis dahin war das Unternehmen wirtschaftlich gesund, ertragsstark – allerdings beschränkt auf die Wohnungsfürsorge innerhalb Bayerns. Ab 1990/91 wurde die Geschäftstätigkeit ausgedehnt, um an den Gewinnerwartungen von Immobiliengeschäften in den neuen Bundesländern teilzuhaben.

Wie entstehen dabei Miese?

Die Kursänderung bedeutete, daß die Gesellschaft in den gewerblichen Immobilienbau einstieg. Die Gebäude aber waren nicht oder nur sehr schwer zu verwerten. Wegen des enormen Leerstands kamen dann keine Erträge herein. Bereits 1994 hat die LWS erste Millionenverluste erwirtschaftet. 1995 waren die stillen Reserven, später das Eigenkapital aufgebraucht. Inzwischen addiert sich der Betrag auf 367 Millionen Mark Verlust – aber es kann noch mehr werden.

Was hat das mit dem Ministerpräsidenten zu tun?

Der damalige Innenminister hieß Edmund Stoiber. Er war es, der Druck ausgeübt hat, daß die Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern (LWS) sich im Bauträgergeschäft in den neuen Bundesländern engagiert. Der Finanzminister hatte damals auf die Risiken hingewiesen und gefragt, ob das LWS-Management das überhaupt kann. Es ist schriftlich dokumentiert, daß Innenminister Stoiber sich darüber hinwegsetzte. Er ist für die Kursänderung der LWS verantwortlich.

Was werfen Sie dem Ministerpräsidenten vor?

Er hat das neue Engagement angestoßen, das ist unstrittig. Es waren seine Kabinettsmitglieder, die dem Aufsichtsrat der LWS vorsaßen – das ist ja ein staatliches Unternehmen. Der entscheidende Punkt ist aber, daß Justizminister Sauter, der bis 1998 zuständig war, sagt, er habe den Ministerpräsidenten regelmäßig über den Stand der Dinge informiert.

Was heißt das?

Ich zeichne mal ein Bild: Stoiber ist Kapitän eines Schiffes und befiehlt seinem Steuermann gegen dessen Bedenken dazu, das Schiff in schweres Wasser segeln zu lassen. Es kommt zu Stürmen, das Boot kentert. Und der Kapitän sagt, wenn das so ist, verlassen wir das Schiff und haben mit der Sache nichts zu tun.

Es gibt Berichte, daß die LWS schon vor den Landtagswahlen letztes Jahr pleite war.

Ja, das ist richtig. Man hätte zum Konkursrichter gehen oder noch einmal gutes Geld in das Unternehmen reinschießen müssen. Gemacht wurde das letztere – weil man die LWS-Pleite nicht im Landtagswahlkampf haben wollte. Interview: Georg Gruber

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