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Im Stau durchs Regierungsviertel

■  „Schaustelle von unten“ macht Hauptstadt-Tour: Die Planungen für das neue Berlin wecken geradezu die Begehrlichkeiten nach neuen Straßen und teuren U-Bahn-Linien. Umwelt- und stadtverträgliche Verkehrsmaßnahmen sind aber noch machbar

Während die „Schaustelle Berlin“ ihre Rundgänger durch fertig gebaute Bürokästen schickt, darf sich die Konkurrenz, die „Schaustelle von unten“, vermehrt mit den Folgen dieser Stadtentwicklung befassen. Auf der gestrigen Hauptstadttour vom Potsdamer Platz über die Ministergärten zum Brandenburger Tor und durch das Regierungsviertel wurde einmal mehr deutlich, dass mit der Planung des „neuen Berlin“ Lösungen für eine stadtverträgliche Verkehrsentwicklung vertan worden sind. „Der Bau des Regierungsviertels“, sagt Jan Prömmel vom BUND-Arbeitskreis Verkehr, „provoziert eine Verkehrsplanung, die neue Begehrlichkeiten nach Straßen und teuren U-Bahn-Linien nach sich zieht.“

Beispiel Potsdamer Platz: Durch den Bau des Straßentunnels unter dem Tiergarten werden sich nach dessen Fertigstellung am Tunnelausgang vor dem Landwehrkanal täglich rund 60.000 Autos stauen. Schon jetzt sei klar, folgert Prömmel, „dass damit fast zwangsläufig“ der Ruf nach der Wiederauflage der Westtangente in Form einer Stadtautobahn aufs Tapet kommen wird.

Beispiel Französische Straße: Weil bis auf die Leipziger Straße keine Ost-West-Schneise durch die neue Mitte der Stadt führt, soll der Durchstich der Französischen Straße bis zur Ebertstraße Entlastung bringen. Dieses Straßenkonzept führe die Absicht des Senats, Durchgangsverkehr zu vermeiden und diesen auf dem Stadtring um die City zu führen, ad absurdum. Prömmel: „Wenn man durch die Stadt fahren kann, fährt niemand um sie herum.“

Beispiel „Kanzler-U-Bahn“: Für über eine Milliarde Mark wird vom Alexanderplatz über das Brandenburger Tor, den Reichstag bis zum Lehrter Zentralbahnhof eine neue U-Bahn gebaut. Ihr einziger Zweck ist die Erschließung des Parlamentsviertels, führt doch parallel zur U-Bahn-Trasse die S-Bahn vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof.

Lösungsansätze für eine alternative Verkehrsentwicklung im Regierungsbezirk, die „umweltgerecht und zugleich funktional“ wären, erklärt der BUND-Experte, sind durchaus vorhanden. Statt eines Durchstichs der Französischen Straße bis zur Ebertstraße könne der Verkehr über die Voßstraße abgewickelt werden. Außerdem wäre es vorstellbar, eine Trambahn durch das Parlamentsviertel bis zum Lehrter Bahnhof zu leiten. Dies sei nicht nur wesentlich preisgünstiger als der U-Bahn-Bau. Die baulichen Maßnahmen könnten zudem schneller und weniger aufwendig über die Bühne gehen.

Prömmel: „Die Vorstellung, dass es nach dem Ende der Großbaustellen erneut losgeht mit aufgerissenen Straßen, ist doch absurd.“ taz

‚/B‘ Die nächste Hauptstadt-Tour vom Potsdamer Platz bis zum Lehrter Bahnhof findet am Sonntag, den 15. August statt. Beginn des Rundgangs ist 11 Uhr. Treffpunkt ist an der Info-Box, Potsdamer Platz.

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