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■ Kein Rezept gegen das Jugendsiechtum

Wie schlechte Schüler Fingernägel kauend vor den Sommerferien dem Zeugnis entgegenzittern, so harren manche Journalisten Kette rauchend der IVW-Zahlen. Und senden dann, sobald die neuen Auflagenzahlen bekannt geworden sind, heiße Stoßgebete gen Himmel – auf dass Herr Bauer oder Herr Marquardt ihren kränkelnden Titeln noch ein wenig Nachsicht entgegenbringen mögen. Denn die Auflagen klassischer Jugendmagazinen wie Bravo oder PopCorn sausen fallbeilartig nach unten.

Bravo (Bauer Verlag) hat bei seinem Sturzflug unter der glücklosen Regie von Chefredakteur Jürgen Stollberg die magische Million unterboten und im Vergleich zum Quartal des Vorjahres 436.517 LeserInnen verloren. Geradezu halbiert hat sich die Leserschaft von PopCorn – und das, obwohl der vormalige Bravo-Macher Gerald Büchelmaier als Nothelfer zu seinem alten Objekt zurückgekehrt ist. Mit 165.449 Exemplaren dümpelt PopCorn in einer Flaute, die die ganze Branche erfasst hat. Vorsichtshalber lässt HiT!, ehemals heftigster Mitbewerber von PopCorn, seine Auflage gar nicht erst überprüfen. Der anglo-australische Verlag „Attic Futura“ lässt das Heft von Volontären voll schreiben, nicht einmal Chefredakteur Günther Kern ist fest angestellt.

Die Krise ist den Verantwortlichen umso schleierhafter, als sie doch mit journalistischen Rezepten gegensteuern. „Es gibt keine Stars mehr“, räsonierte Jürgen Stollberg gegenüber der taz und setzt daher auf sorgfältig recherchierte Themen und verstärkten Service. Bisher vergeblich. Fraglich auch, ob der geplante Relaunch der PopCorn wieder zu mehr Beliebtheit unter der Schulbank verhelfen wird.

Da ist es nicht ohne Ironie, wenn die allgemeine Ratlosigkeit in die schulterzuckend vorgebrachte Weisheit mündet, es gebe eben „gute Zeiten und schlechte Zeiten“. GZSZ nämlich, das bunt bebilderte Beiboot der gleichnamigen Seifenoper aus dem Augsburger Dino Verlag, straft alle Pessimisten Lügen und steigerte seine Auflage ebenso dramatisch, wie die der Platzhirsche auf dem diffusen „Jugendsektor“ fällt. Die watteweiche Werbebroschüre mit dem journalistischen Gehalt einer abgestempelten Fahrkarte kann ein sattes Plus von 28 Prozent auf nunmehr 389.831 LeserInnen verbuchen, das Schwesterblatt GZSZ – Rätselspaß bringt es aus dem Stand auf 223.179 – und das mit dem denkbar anspruchslosen Konzept, Seifenopern gleichsam publizistisch zu spiegeln. Arno Frank

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