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Glückliche Einigung für die Kultur

■ Goethe-Institut und Inter Nationes wollen künftig enger zusammenarbeiten und der Bundesrepublik so gemeinsam Geld sparen

Berlin (taz) – „Staatsferne“: darauf waren Goethe-Institut, Inter Nationes, DAAD und die anderen Organisationen der auswärtigen Kulturpolitik immer stolz. Sie wollten nicht nur Empfänge von Wirtschaftsbossen und Diplomaten dekorieren, sondern der Welt ein „kritisches“ Deutschlandbild präsentieren. Jetzt können sie froh sein, wenn sie nicht vom Staat entfernt werden.

Kühl wurde ihnen im Juni mitgeteilt, dass die Sparbeschlüsse der Bundesregierung auch für sie gelten. Insgesamt sollen von den rund 4 Milliarden Mark, die sich Deutschland die auswärtige Kulturarbeit kosten lässt, 70 Millionen Mark wegfallen. Das Münchner Goethe-Institut, mit 3.500 Mitarbeitern, 135 Instituten im Ausland und jährlich rund 15.000 Veranstaltungen weltweit der Hauptträger der deutschen Kulturaußenpolitik, soll ebenso zurückstecken wie die „Medien-Agentur“ Inter Nationes in Bonn oder das Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen, das zeitgenössische deutsche Kunst präsentiert. Am wenigsten betroffen dürfte der rührige Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) sein, da sein 400-Millionen-Haushalt bereits heute zur Hälfte aus „Drittmitteln“ von Sponsoren besteht.

Kurz nach den Sparplänen schlug ein Bericht des Bundesrechnungshofes ein, der Inter Nationes vernichtend beurteilt. 1952 in Konkurrenz zum Goethe-Institut gegründet, ist Inter Nationes für die Veröffentlichung und den Vertrieb von Zeitschriften, Büchern und Filmen zuständig, die das Leben in Deutschland dokumentieren sollen.

Der Rechnungshof kritisiert, Inter Nationes habe kein nachprüfbares „Rechnungswesen“ und produziere Angebote, die auf dem freien Markt oder bei anderen Kultureinrichtungen auch erhältlich seien. Die Organisation habe zahlreiche Lizenzen von deutschsprachigen Spielfilmen erworben, ohne zu wissen wofür. Überhaupt orientiere sich Inter Nationes nicht an der Nachfrage – die „entsprechend hohen Lagerbestände“ seien ein „verlegerisches Risiko zu Lasten von Bundesmitteln“. Durch effizienteres Wirtschaften könnten bei Inter Nationes jährlich von dem jetzigen 48-Millionen-Etat mehr als 6 Millionen Mark und 64 der 147 Stellen eingespart werden.

Der Vorstand von Inter Nationes, Peter Sötje, wies dieses niederschmetternde Urteil beleidigt als „unseriös“ zurück. Es sei „eine Verkennung der Aufgaben auswärtiger Kulturpolitik, lediglich die Nachfrage ins Visier zu nehmen“. Bisher pflegte Inter Nationes nämlich eine „Angebotsorientierung“: 1996 beispielsweise stellte der Bund der Steuerzahler fest, Inter Nationes habe 100.000 Mark für ein 168 Seiten dickes Buch in englischer Sprache über die Bearbeitung der „Dreyfus-Affäre“ in Oper und Ballett ausgegeben – weil sich der frühere Außenamts-Kulturchef, gleichzeitig der Vorsitzende der Deutschen Dreyfus-Gesellschaft, dafür eingesetzt habe.

Mit derartigen Projekten dürfte vorerst Schluss sein. „Auf Anregung des Auswärtigen Amtes“, das heißt gezwungenermaßen, setzten sich am 9. und 10. August die Generalsekretäre von Inter Nationes und Goethe-Institut zusammen, um über eine „institutionelle Annäherung“ zu verhandeln. In einem gemeinsamen Kommunikee erklärten sie, „solidarisch die ihnen vom Bund auferlegten Kürzungen“ zu tragen und „administrative Doppelstrukturen“ einzusparen. Goethe-Generalsekretär Joachim Sartorius bot seinem Inter-Nationes-Kollegen Peter Sötje einen Platz im Vorstand des Goethe-Instituts an. Bis zum Jahresende könnten die beiden Einrichtungen fusionieren.

Beim Gerangel um Geld und Posten werden sich die auswärtigen Kulturarbeiter in die Zeiten zurücksehnen, als Kultur noch „dritte Säule“ der Außenpolitik und die Kassen voll waren. Ein jüdisches Sprichwort weiß: „Nichts ist so gut mit Geld, wie es ohne Geld schlecht ist.“ Martin Ebner

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