: Rätselhaftes Massensterben im Landwehrkanal
■ Mehrere Kubikmeter Tierkadaver mussten an der Admiralsbrücke aus dem Gewässer gefischt werden. Wasserbehörde vermutet Giftskandal, Grüne sehen Schuld beim Senat
Der Landwehrkanal bot am Freitag ein Bild des Schreckens. Tausende verendete Fische dümpelten bäuchlings an der Wasseroberfläche, dazwischen dahinsiechende oder schon tote Enten und Ratten. Zwei noch lebend geborgene Schwäne verendeten am Wochenende im Tierheim Lankwitz. Die Schwäne sollen heute obduziert werden. Bis Ende der Woche werden die Ergebnisse der Untersuchungen erwartet.
Insgesamt sind nach Angaben der Polizei drei bis vier Kubikmeter Tierkadaver aus dem Landwehrkanal gefischt worden. In Höhe der Admiralbrücke hatte ein Mitarbeiter der Wasserbehörde die toten Tiere entdeckt. Die Ursache für das Massensterben ist noch unklar. Vor allem der Tod der Wasservögel gibt noch Rätsel auf. Experten führen das Fischsterben auf witterungsbedingte Einflüsse zurück. Die Trockenheit der letzten Wochen habe zu einer starken Vermehrung von Algen und damit zu einer akuten Sauerstoffknappheit im Wasser geführt. Die starken Regenfälle der letzten Tage wiederum haben Giftstoffe wie Ölreste, Ruß und Reifenspuren von den Straßen in den Kanal gespült.
Ob das aber ausgereicht hat, ausgewachsenen Schwänen den Garaus zu machen, ist fraglich. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Hartwig Berger, schließt nicht aus, dass vorsätzlich Gift in den Kanal eingeleitet worden sei. Auch Heinz Kniest von der Wasserbehörde vermutet eine Straftat. Der B.Z. sagte er: „Wir lassen regelmäßig den Sauerstoffgehalt des Wassers durch Sauerstofflüftungsschiffe auffrischen.“ Er vermutet eine toxische Einleitung.
Aus der Sicht Bergers kommt das Fischsterben so überraschend nicht. Er macht das veraltete Mischwasserkanalsystem der Stadt verantwortlich. „Kommt es, wie am Freitag, zu plötzlichen sintflutartigen Regenfällen, reicht die Kapazität der Abwasserleitungen nicht mehr aus. Die stinkende Brühe fließt dann größtenteils ungehindert in die Berliner Gewässer.“ Seit Jahren fordere er mehr Regenrückhaltebecken für die zentralen Bezirke, ärgert sich Berger gegenüber der taz. Bisher würden pro Jahr nur zwei solcher Bekken gebaut – und dann auch nur am Stadtrand.
Die Senatsverwaltung will in diesem Bereich jetzt ihre Sauerstoffschiffe verstärkt einsetzen. Auch die Wasserschutzpolizei ist angewiesen, öfter Patrouille fahren. Sie hat Wasserproben und einige Fische zur weiteren Untersuchung entnommen. Ein Schnellanalyse vor Ort ergab jedoch keine Hinweise auf Vergiftung. Trotzdem hat das Landeskriminalamt vorsorglich die Ermittlungen aufgenommen. Thorsten Denkler
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