: Mit dem Gerichtsvollzieher in die Parteitagshalle
■ Bundesverfassungsgericht macht es rechtsextremen Parteien leichter, ihren Anspruch auf Nutzung öffentlicher Gebäude durchzusetzen. Die Berliner Republikaner hatten geklagt
Freiburg (taz) – Rechtsextreme Parteien können künftig leichter ihren Anspruch auf Nutzung öffentlicher Gebäude durchsetzen. Dies ist die Folge einer gestern verkündeten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Geklagt hatte der Berliner Landesverband der Republikaner. Die Republikaner wollten im Juni vorigen Jahres ihren Bundesparteitag in der Berliner Kongresshalle durchführen.
Das Bezirksamt Berlin-Mitte wollte der Rechtsaußenpartei die Halle jedoch aus „Termingründen“ nicht vermieten. Selbst eine einstweilige Anordnung des Berliner Verwaltungsgerichts und die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000 Mark konnten die Behörde nicht umstimmen. Schließlich sahen sich die Republikaner gezwungen, ihren Parteitag in ein bayerisches Dorf zu verlegen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügten die Reps, dass das Bezirksamt Berlin-Mitte nun nicht einmal mehr das angedrohte und in der Höhe eher symbolische Zwangsgeld bezahlen musste. Ein Berliner Gericht hatte nämlich entschieden, dass Zwangsgelder nur Beuge- und keinen Strafcharakter hätten. Sie könnten deshalb nicht mehr beigetrieben werden, wenn sich der Streit in der Sache – hier: nach Absage des Parteitags – erledigt hätte. „So können Gerichtsentscheidung praktisch folgenlos ignoriert werden“, klagten die Reps, die ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt sahen.
Die Partei verlor zwar in Karlsruhe in formaler Hinsicht, bekam am Ende jedoch mehr als sie gefordert hatte. Denn das Verfassungsgericht stellte fest, dass die Berliner Gerichte neben der Androhung des Zwangsgeldes auch andere Maßnahmen hätten prüfen müssen, um das renitente Bezirksamt zur Raison zu bringen. Solche Maßnahmen könnten bis zur „Besitzeinweisung durch den Gerichtsvollzieher“ gehen. Die Verfassungsbeschwerde der Republikaner wurde abgelehnt, weil sie solche (bisher noch rechtlich umstrittene Maßnahmen) nicht beantragt hatten. Christian Rath
(Az: 1 BvR 2245/98)
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