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Schadenersatz für Eskimos

Ein Gericht verurteilt Dänemarks Regierung zur Zahlung von Schadenersatz an Eskimos. Diese waren 1953 aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben worden  ■   Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) – Ein dunkles Kapitel der dänischen Kolonialgeschichte fand gestern sein juristisches Ende. Das Oberlandesgericht in Kopenhagen verurteilte das Königreich, eine halbe Million Kronen (rund 120.000 Mark) als kollektiven und zwischen umgerechnet 3.000 und 5.000 Mark als individuellen Schadenersatz an eine Gruppe von 611 Eskimos zu zahlen. Diese selbst oder ihre Vorfahren waren 1953 aus ihrem traditionellen Siedlungsgebiet vertrieben worden, weil Dänemark in Nordgrönland den USA und der Nato das Gebiet für den später dort gebauten Flugplatz Thule „leerräumen“ wollte.

Jahrzehntelang hatte sich das Mutterland geweigert, damals in der Kolonie Grönland verübtes Unrecht materiell zu ersetzen oder sich dafür zu entschuldigen. Der Ausspruch: „Jede Kolonialgeschichte hinterlässt ihre Wunden“, des Regierungsvertreters im Prozess, Karsten Hagel-Nielsen, war das Argument dafür, dass Kopenhagen meinte, sich aus der Verantwortung stehlen zu können. Erst bestritt man, dass die Eskimos gegen ihren Willen umgesiedelt worden seien, dann, dass der dänische Staat dafür verantwortlich sei, schließlich, dass die Eskimos dadurch Schaden erlitten hätten: Immerhin hätten sie statt ihrer primitiven Torfhäuser „richtige“ Holzhäuser hingestellt bekommen.

Doch die „Thule-Eskimos“ wollten sich so nicht abspeisen lassen. Zumal sich der dänische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen auch 1995 bei einem Besuch Nordgrönlands in Quaanaaq, dem neuen Wohngebiet der von Thule Vertriebenen, zu keiner Entschuldigung durchringen konnte. Ein Jahr später schlossen sich 78 der noch Überlebenden und 521 von deren Nachkommen zu der KlägerInnengemeinschaft „Hingitaq 53“ („Die Ausgestoßenen von 1953“) zusammen. Ihre erste Schadenersatzforderung belief sich auf 150 Millionen Kronen, mit Beginn des Verfahrens wurde diese auf 45 Millionen reduziert. Um eine Verurteilung zu verhindern, versuchte sich Kopenhagen auch mit Bestechung: 47 Millionen Kronen war man bereit, für den Bau eines kleinen Flugplatzes bei Quaanaaq hinzublättern. Nicht Geld schien der Knackpunkt, sondern das Eingeständnis begangenen Unrechts. Die Verantwortung hat das Oberlandesgericht klar festgestellt: 1953 sei eindeutig in die Rechte der vertriebenen UreinwohnerInnen eingegriffen worden. Dieser Eingriff verliere seinen Unrechtsgehalt nicht dadurch, dass er von den USA faktisch erzwungen worden sei. Auch wenn die Schadenersatzsumme weit unter den Forderungen der Thule-„Ausgestoßenen“ liege, bekämen sie doch grundsätzlich Recht.

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