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Kein Wackeln, SPD! Mit Macht Kurs halten

Gerhard Schröder ist zurück. Alle warten auf sein starkes Wort. Damit das Sommertheater ein Ende findet, verabredete der Bundeskanzler für jeden Tag ein Machtwort. Ein Terminkalender  ■    von Christian Füller

Berlin (taz) – Kanzler bleibt Kanzler. Egal von welcher politischen Couleur. Von Helmut Kohl ans Machtwort gewöhnt, gieren Partei, Kabinett und Öffentlichkeit danach, dass der Kanzler nach dem Urlaub für Ruhe sorgt, wenn's im Sommer zu laut geworden ist. In der „Woche der Abrechnung“ (so die Berliner B.Z.) hat Gerhard Schröder reichlich Gelegenheit dazu.

Gestern Abend bereits hatte der Regierungschef die Chance, in Hannover auf den Tisch zu hauen. Und das nicht, um seine Doris hinterher zu fragen: „Wie war ich?“ Schröder traf sich mit Hans Eichel, Franz Müntefering und Rudolf Scharping an der Leine. Ging es um die Partei, „um die ich mich in den nächsten Monaten intensiv kümmern werde“ (Schröder)? Sollte der neue zweite Vorsitzende de luxe der SPD, Müntefering, inthronisiert werden? Oder wollte der mehr heimliche als starke SPDler Scharping Programmatisches zur Sozialdemokratie äußern?

Gewöhnlich gut unterrichtete Kreise äußerten die Mutmaßung, dass Scharping selbst Ziel eines Machtwortes werden sollte. Scharping war es, der im Sommerloch immer wieder tönend Ruhe „in der Selbsterfahrungsgruppe SPD“ herbeigewünscht hatte. Als Verteidigungsminister hat er sich aber bislang geweigert, Einsparungen von 3,5 Milliarden Mark in seinem Etat zu konkretisieren. Nun bot er an, 6.000 Wehrpflichtige nicht einzuberufen und auch sonst weniger in die Bundeswehr zu investieren. Wie es hieß, blieb es dem eisernen Hans (Eichel) überlassen, das Machtwort zu sprechen. Schröder fand, es seien zu wenig Kameras anwesend.

Heute, um 11 Uhr, trifft Schröder die Parteispitze, um Tacheles zu reden. Ausgerechnet in Saarbrücken ist die Präsidiumssitzung der SPD anberaumt. Ursprünglich, um Saarlands Ministerpräsident Reinhard Klimmt beim Wahlkampf zu helfen. Klimmt aber sprach den Sommer über für die Parteilinke – weniger elegant, dafür umso bestimmter als sein Vorgänger Lafontaine. „In der Sache hat er nicht recht, es ist falsch von sozialer Schieflage zu sprechen“, drückte Parteichef Schröder Klimmt via Bild am Sonntag(BamS) aufs Auge. Und gab sich sogleich versönlich: „Klimmt wird die Wahl dennoch gewinnen“, prognostizierte Schröder geschmeidig, „weil er im Saarland gute Politik macht.“ Dass das gegen die Bundesregierung geschieht, störte Schröder gestern nicht weiter.

Heute Abend begegnet der Kanzler den Grünen in der Koalitionsrunde. Für diesen Anlass ist tatsächlich ein Machtwort zu erwarten – die Grünen sind dem Kanzler nun wirklich zu leise, zu brav, zu diplomatisch geworden. Selbst den Vorschlag, die Dieselsteuer je Liter Treibstoff um 36 Pfennig anzuheben, haben nicht etwa sie gemacht. Ein sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter namens Schultz forderte das. Schröders BamS-Kommentar: „Nein.“

Die Stunde der Wahrheit erwartet den Kanzler am morgigen Dienstag. Da will sich Rot-Grün mit Gewerkschaften und Sozialverbände zusammen auf einem Rentengipfel treffen. Schröder hält sich auch hier mit allzu mächtigen Worten zurück. Während der Kanzler nämlich darauf beharrte, den Rentnern ihr Alterssalär nur in der Höhe der Inflation anzuheben, bot Oppositionsführer Wolfgang Schäuble Gesprächsbereitschaft an. Nicht über den Inflationsausgleich, so Schäuble, „aber über eine langfristige Rentenreform reden wir natürlich gern“.

Starke Worte werden in der Kabinettssitzung am Mittwoch, mehr noch aber in der Fraktion tags darauf fallen. Alle, auch der Kanzler, hoffen fest, „dass wir unser Zukunftsprogramm auch durchsetzen“. „Da darf es kein Wackeln geben, wir müssen Kurs halten“, meint Schröder zum 30 Milliarden Mark schweren Zukunftsprogramm (umgangssprachlich: Sparpaket) der Bundesregierung. Denn: Gehen die Ausgaben runter, gehen die Umfragen hoch. Schröder: „Wir werden erst dann wieder auf vernünftige Zustimmungsraten kommen.“

Die Bundestagsfraktion der SPD freut sich dem Vernehmen nach sehr, das Zukunftsprogramm endlich mal zu Gesicht zu bekommen. Bislang nämlich sind die Einsparungen von je 7,5 Prozent pro Etat reine Regierungsangelegenheit gewesen. Bis jetzt gab es keine Diskussion im Parlament darüber. Und wenn man Eichels Worten glauben darf, soll es am besten auch keinen Streit geben. Wie das der Bundestag findet, der laut Verfassung Haushaltsgesetzgeber ist, wird man sehen. Gerhard Schröder ist Donnerstag ja auch da – als SPD-Abgeordneter.

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