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Bei der SPD wird Frustbier serviert

■ Weil der Erfolg der DVU in Brandenburgs Landtag wechselnde Mehrheiten unmöglich macht, kommt es wohl zur großen Koalition

Ungewohnte Bilder an der Pforte zum Landtag in Potsdam. Rabiat bahnen Bodygards der DVU-Kandidatin Liane Hesselbarth den Weg ins Parlament. Ein Transparent „Rechtsfreyer Raum“ – in Anspielung auf den Münchner Verleger und DVU-Chef Gerhard Frey – reißen die Männer an einer Ecke entzwei. Die Anti-DVU-Demonstranten sind darauf vorbereitet: Schnell klebt schwarzes Paketband über dem Riss. Die 37-jährige zukünftige Abgeordnete Hesselbarth wirkt in ihrer zukünftigen Wirkungsstelle trotz rund 6 Prozent, Leibwächtern und überperfektem Make-up unsicher. Ihre Politik könne man „im DVU-Wahlprogramm nachlesen“, mehr sei dazu nicht zu sagen. Im Landtag wolle die DVU-Fraktion „eine Oppositionspartei darstellen“, erklärt Hesselbarth unbewusst ehrlich.

Die bisher mit absoluter Mehrheit regierende SPD verliert deutlich, bleibt aber stärkste Partei in Brandenburg. Manfred Stolpe, sichtlich geschockt, sieht sich und seine Regierung unschuldig an den Verlusten von 15 Prozent: „Das ist ein Denkzettel für die Sozialdemokraten im Ganzen.“ Die Politik der rot-grünen Regierung habe „Verunsicherung im sozialen Bereich“ erzeugt. Manfred Stolpe braucht jetzt einen Koalitionspartner, will er weiterhin Ministerpräsident bleiben. Aber wen?

„Der Wähler“, wie Politiker so sagen, hat die CDU stark gemacht. Deren Spitzenkandidat Jörg Schönbohm sieht man an, dass er „Menschenführung bei der Bundeswehr“ gelernt hat. Der ehemalige General gestikuliert zackig und redet markig. Schon nach der ersten Prognose wagt er sich tief in die dicht gestaffelten Reihen der Presse im Potsdamer Dorint Hotel. Seine Arbeit habe sich gelohnt, deshalb durchdringe ihn „ein Glücksgefühl“. Schönbohm ließ sich seine Hochstimmung auch nicht vom Einzug der DVU in den Landtag vermiesen. Deren Erfolg sei „der Politik der SPD-Landesregierung zuzuordnen“.

Dass die rechtsradikale Partei des Münchner Verlegers Gerhard Freys ins Landesparlament einzieht, macht eine große Koalition wahrscheinlich. Eine Minderheitsregierung kann Manfred Stolpe auf keinen Fall bilden. In einem Parlament, in dem DVUler sitzen, kann niemand mit wechselnden Mehrheiten regieren, machen SPD-Politiker ihren Mitarbeiter beim Frustbier klar. Jörg Schönbohm weist Analysen zurück, die DVU helfe der CDU auf die Regierungsbank: „Das ist absoluter Quark.“ Die PDS scheint anders als die CDU nicht besonders erpicht auf Regierungsverantwortung zu sein. „Es kann auch bei fröhlicher Opposition bleiben“, prophezeite Lothar Bisky.

Robin Alexander, Potsdam

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