: St. Pauli-Bad geht baden
Initiative protestiert mit Schwimm-In gegen schlechtere Öffnungszeiten ■ Von Gernot Knödler
Weil er nicht will, dass sein Viertel weiter baden geht, ist der Initiativkreis „Volksbad St.Pauli“ ges-tern Abend baden gegangen: Mit dem „Schwimm-In“ am Millerntor protestierten die St.PaulianerInnen gegen die Einschränkung der Öffnungszeiten des Hallenbades. Dem befürchteten Kaputtsparen des einzigen Regionalbades für St.Pauli und Neustadt setzen sie Ideen wie nächtliches Nacktbaden zu Drum'n'Bass entgegen.
Um ihr Angebot an die Nachfrage anzupassen, hatte die städtische Bäderland GmbH im Juli ein neues Öffnungszeitenkonzept für ihre 13 Hallen- und Kombibäder vorgestellt. Demnach verringert sich die Zeit für spontane SchwimmerInnen in allen Bädern um insgesamt 170 Stunden pro Woche.
Im Hallenbad am Millerntor wurden fünf Stunden pro Woche ersatzlos gestrichen, weitere fünfeinhalb Stunden dem Schulschwimmen vorbehalten und überdies zehn Stunden wöchentlich für den neu eingeführten Frühschwimm-Club reserviert – alles in allem 20,5 Stunden weniger pro Woche. Für die Allgemeinheit geöffnet ist das Bad nur noch dienstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr.
In den Morgenstunden darf seit Ende August nur noch schwimmen, wer sich für 65 Mark im Monat eine Clubkarte gekauft hat. Bei lediglich zwei Schwimmtagen pro Woche, etwa Mittwoch und Freitag, kostet sie 38 Mark im Monat. Durch den Verkauf der Monatskarten will die Bäderland morgens auf den Menschen an der Kasse verzichten können und somit Geld sparen.
Diese Änderungen des Angebots gingen zu Lasten der kleinen Leute, befürchtet die Anwohnerin Christine Wiedenhöft. Sie schlössen „zum einen durch die Reduzierung der Zeiten und zum anderen durch die Preisstruktur Menschen gerade in diesem Viertel aus“, kritisiert sie. Der Sanierungsbeirat St. Pauli Nord hat deshalb gefordert, das Bad abends zu öffnen, die Eintrittspreise zu senken und auf den Clubzwang zu verzichten. „Es kann nicht zum einen ein besonderer Handlungsbedarf für einen der ärmsten Stadtteile Hamburgs festgestellt werden und zum anderen die notwendigen Strukturen für Freizeitgestaltung abgebaut werden“, protestiert der Initiativkreis Volksbad St.Pauli.
Dem fatalen Teufelkskreis „wenige Besucher – schlechteres Angebot – noch weniger Besucher“ will die Ini mit ausgefallenen Ideen begegnen, die das nach Angaben der Bäderland schlecht besuchte Bad attraktiv machen sollen. Sie schlägt Sozialtarife für Einkommensschwache vor, den Einbau einer preiswerten Sauna oder eines türkischen Bades, außerdem Rutschen und andere Spielgeräte. Veranstaltungen wie ein „Sunset-Schwimmen“ und Frauentage mit orientalischer Musik könnten ebenso BesucherInnen anlocken wie eine pfiffige Umgestaltung der Räume. Nach den Vorstellungen des Initiativkreises könnten dies Architektur- und KunststudentInnen übernehmen.
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