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Sechs Stunden Kita für alle!

■ Grüne kritisieren Spar-Vorschläge des Wibera-Gutachtens

„Bedarfsgerechte Kinderbetreuung hat ihren Preis“, sagt die neue grüne Jugendpolitikerin Anja Stahmann. Sie hatte gestern zu einer kleinen Premiere eingeladen – ihre erste Pressekonferenz seit ihrer Wahl in die Bürgerschaft. Thema: Das Kita-Gutachten der Wibera. Verwunderlich und überhaupt keinen guten Stil fand sie, dass die Sozialsenatorin das Gutachten im August zwar der Presse vorgestellt, nicht aber an die Fraktionen der Bürgerschaft weitergegeben hat. So habe sie sich das Papier „informell“ besorgen müssen, sagte Stahmann, um darüber mit Elternvertretern reden zu können.

Ihr Fazit nach der Lektüre: „Vieles ist alter Tobak und eine Reihe von Vorschlägen sind nicht praktikabel.“ Zum Beispiel glauben die Gutachter, dass man viel Geld sparen könnte, wenn man die teuren Kita-Gebäude mit Nachmittagsgruppen besser auslasten würde. Mit reduzierten Beiträgen könnte man Eltern das Nachmittags-Angebot schmackhaft machen. Vorbild, so die Gutachter, sei Hannover. Da haben die Grünen mal angerufen: 1997 gab es 329 Kinder, die das Nachmittags-Angebot genutzt haben, 1998 nur noch 278 Plätze. „Von einem nachzueifernden Erfolgsmodell kann keine Rede sein“, schließt Stahmann.

Kita-Fläche verkaufen wollen die Grünen auf keinen Fall: „Keine Fläche ist überflüssig.“ Es sei denn, die Kita liegt direkt an einem Wald. „Den Spiel- und Toberaum von Kindern einzuschränken wäre verrückt.“ Und beim Reinigungspersonal würden die Grünen auch nicht sparen wollen. Bleibt der Essensbereich, und da zitiert die grüne Sozialpolitikerin fassungslos den Satz der Gutachter, dass eine überwiegende Ernährung mit Frischkost „nicht die Bedingungen unserer Gesellschaft widerspiegelt“. Gerade wenn zu Hause mehr Tiefkühl-Kost auf den Tisch komme, dann müssten die Kinder in der Kita die Chance haben, eine richtige Essens-Zubereitung und gute Ernährung mitzubekommen.

Seit dem 1.1.1999 hätte es ein neues Kita- und Hort-Gesetz geben müssen, erinnert Stahmann, bis heute gibt es keinen beratungsfähigen Entwurf. Angesichts der Spardebatten, die Eltern verunsicherten, sollten da Qualitätsstandards festgelegt werden: Das Recht auf einen Kita-Platz solle gesetzlich auf das Betreuungsangebot von sechs Stunden täglich bezogen werden, Mittagessen inklusive. Dafür würden fünf Millionen Mark jährlich mehr benötigt. Die Personalausstattung sollte auf dem derzeitigen Mindest-Niveau garantiert werden, fordert Stahmann. K.W.

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