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Schwere Unruhen in Mitrovica

■  Albaner feuern Granaten in eine Menschenmenge im serbischen Teil der Stadt. Russland nennt Nato-Plan zur Umwandlung der UÇK in ein Kosovo-Korps „unakzeptabel“

Priština (AFP/AP) – Bei schweren Zusammenstößen in Kosovska Mitrovica sind am Donnerstagabend mehrere Dutzend Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Nach Angaben der Kosovo-Friedenstruppe (KFOR) wurden auf der gesperrten Brükke, die den serbischen Teil der Stadt von dem Stadtteil der Kosovo-Albaner trennt, 15 französische Soldaten und Gendarmen der KFOR sowie mehrere serbische Demonstranten verletzt. Von der albanischen Seite aus wurden zwei Granaten mitten in eine aufgebrachte Menge gefeuert.

Die serbische Nachrichtenagentur Tanjug meldete, dass 33 Serben verletzt worden seien. Kosovo-Albaner hätten mindestens sieben Granaten auf die serbische Seite abgefeuert.

Dort hatten rund 1.000 Serben eine Protestkundgebung durchgeführt. Die Gewalttaten begannen gegen 17 Uhr, als fünfzig albanische Demonstranten die KFOR-Kräfte an der Brücke überrumpelten und auf die andere Seite der Brücke rannten. Gegen 20 Uhr wurden dann laut KFOR die Granaten abgefeuert. Mit einem massiven Tränengaseinsatz gelang es den französischen KFOR-Kräften, wieder Ruhe herzustellen. Gestern Mittag kam es allerdings erneut zu Spannungen.

In Kosovska Mitrovica gibt es seit der Übernahme der Kontrolle durch die KFOR fast täglich Demonstrationen an der zentralen Brücke. Wiederholt mussten KFOR-Soldaten mit Gewalt gegen Kosovo-Albaner vorgehen, die versuchten, über die Brücke in den serbischen Teil der Stadt vorzudringen.

Zwischen der Nato und Russland bahnt sich unterdessen ein Streit um Zukunft der Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK) an. Wie gestern ein Nato-Sprecher in Priština bestätigte, kann die UÇK nach ihrer für den 19. September geplanten Entwaffnung ihre militärischen Strukturen beibehalten. Die Kosovo-Befreiungsarmee soll nach ihrer Entwaffnung zu einem so genannten Kosovo-Korps umgebaut werden.

Wie Nato-Sprecher Robin Clifford in der Provinzhauptstadt mitteilte, handele es sich zwar um eine „zivile Organisation“, die aber militärisch strukturiert sei. Die Angehörigen dieses künftigen Kosovo-Korps könnten auch Uniformen tragen. Die genauen Aufgaben müssten aber noch festgelegt werden, sagte Clifford.

Russland nannte diesen Plan „inakzeptabel“. Wie die Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf das Moskauer Außenministerium berichtete, will die Regierung bei der bevorstehenden Sitzungsperiode der UN-Vollversammlung in New York die vollständige Auflösung der UÇK fordern. Auch die Regierung in Belgrad und die serbische Opposition lehnen die Bildung eines Kosovo-Korps ab.

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