: Von Krieg und Freundschaft
Verteidigungsminister Scharping hat während des Kosovo-Krieges ein Tagebuch verfasst, das nun der Öffentlichkeit vorgestellt wurde – von Männerfreund Joschka Fischer ■ Von Karin Nink
Berlin (taz) – Echte Männerfreundschaften gelten als seltenes Gut. Wann vertraut Mann sich schon mal Mann an? Wann geht das Vertrauen über das Tresengespräch hinaus? – Im Krieg.
Wer es bis dato nicht gemerkt hatte oder den Kriegserinnerungen der Väter und Großväter misstraute, der lernte es gestern von Rudolf Scharping und Joschka Fischer.
Der Verteidigungsminister hat während der zweifellos extrem belastenden Tage des Kosovo-Krieges Tagebuch geführt und dies unter dem Titel „Wir dürfen nicht wegsehen“ bei Ullstein Berlin jetzt veröffentlicht. Außenminister Joschka Fischer hat trotz internationalen Verpflichtungen und innerparteilichem Knatsch „sofort und unmittelbar zugesagt“, das Buch vorzustellen. Schließlich sei in „diesen schweren Wochen, die wir gemeinsam durchzustehen hatten“, der „menschliche Respekt vor einander entscheidend positiv geprägt worden“.
Scharpings Buch – „eine sehr subjektive Darstellung“ – vermittle, wie „aus der Innensicht von Entscheidungsträgern Entscheidungen zustande kommen“, präsentierte Fischer das Oeuvre, in dem die Tagebuchnotizen nachträglich einige Ergänzungen erfahren haben. Um dann noch einmal ausführlich die erste deutsche Kriegsbeteiligung nach dem Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen: Bosnien („Wir müssen uns fragen, warum uns das so wenig berührt hat“), Srebrenica und schließlich: „Es ging um Europas Sicherheit“ und nicht nur um humanitäre Gründe.
Immer wieder erntete „Joschka“ bei seinem Diskurs Kopfnicken von Freund „Rudolf Scharping“. So, als könne keiner von ihnen letztlich begreifen, was in der Extremsituation des Krieges mit ihnen geschehen ist, fühlt sich auch Scharping bemüßigt, dem Kanzler – mit dem die Freundschaft in jüngster Zeit ja wieder etwas abgekühlt sein soll – und Fischer noch einmal „für die sehr enge Zusammenarbeit“ zu danken. Da war „mehr als eine politische Aufgabe zu bewältigen“. Auch Scharping, der während des Krieges wegen seines emotionalen Auftretens häufig krisitiert wurde, spricht von einem „sehr subjektiven Buch“. Denn: „Ich bin kein Historiker, ich war ein Beteiligter.“
Apropos Männerfreundschaft. Natürlich konnte Fischer es sich nicht verkneifen, an einen anderen alten Freund zu erinnern – an Oskar Lafontaine. Schließlich gebe es zwischen dem Buch von Scharping und dem von Lafontaine einen „bitteren Sachzusammenhang“: In einer Situation, „die man sich nicht aussuchen konnte, aber bestehen musste, kann man nicht einfach davonlaufen“.
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