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Banker erster und zweiter Klasse

Nach der konzerninternen Fusion mit den Filialen der Deutschen Bank bekommen die Beschäftigten der Bank 24 ein Drittel weniger als ihre Kollegen  ■   Von Hermannus Pfeiffer

Hamburg (taz) – In der Deutschen Bank herrscht eine Klassengesellschaft. Das meint die Gewerkschaft HBV: „Hier arbeiten zwei Klassen von Beschäftigten“, heißt es in der Düsseldorfer Zentrale: die einen mit, die anderen ohne Tarifvertrag. Aufgerissen wurde diese Kluft durch die Zusammenlegung der 1.500 Filialen der Deutschen Bank AG mit der Direktbanktochter Bank 24.

„Eine neue Bank mit neuen Ideen“, so rührt die Deutsche Bank die Werbetrommel für ihr konzerninternes Fusionskind namens „Deutsche Bank 24“, das seit dem 1. September das gesamte Mengengeschäft mit kleinen und mittelgroßen Privatkunden abwickelt. Die „neuen Ideen“ gefallen jedoch nicht allen: So sind die Hoffnungen der Bank-24-Mitarbeiter zerplatzt, in den tariflich abgesicherten Schoß der „richtigen“ Deutschen Bank, zu rutschen.

Jetzt gibt es rund 17.000 Banker in den Filialen. Für sie gelten auch zukünftig Tarifvertrag und betriebliche Extrazusagen. Ihnen soll der Vorstand schriftlich versprochen haben: „Keine Veränderung Ihrer vertraglich zugesagten Vergütung, Übernahme aller bisherigen vertraglichen Nebenleistungen, Fortführung der Ihnen erteilten Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge.“

Davon können rund 1.000 ebenfalls bei der Deutschen Bank Beschäftigte nur träumen. Bisher arbeiteten sie für die Direktbank oder das Callcenter, in dem die Kundenwünsche der Bank 24 bedient wurden. Sie bleiben ohne Tarifbindung. Konsequenz: Die Gehälter der einen und der anderen Deutsch-Banker liegen bis zu dreißig Prozent auseinander, so Rolf Stockem in der HBV-Zentrale.

Die Deutsche Bank wehrt sich. Es gäbe keinen Beschäftigten zweiter Klasse. Das Modell werde „von der Belegschaft mitgetragen“, sagt ein Sprecher. Schließlich habe sich für die Betroffenen „nichts geändert und nichts verschlechtert“. Und eine Direktbank biete attraktive Jobs, die nicht mit dem normalen Filialbetrieb zu vergleichen seien: flexible Arbeitszeiten beispielsweise, die von Eltern oder Wochenendarbeit, die oft von Studierenden gewünscht werde. So habe auch der Betriebsrat Zugestimmung signalisiert. Die HBV bestreitet dies.

Möglich wurde die Zweiteilung durch einen Trick: Die 1.500 Filialen wurden von der tariflosen Bank 24 übernommen, diese bekam dann den Namen „Deutsche Bank 24“ und beantragte beim Bankarbeitgeberverband Aufnahme. Dadurch kommen die Neu-24-Banker quasi automatisch in den Genuss des Tarifvertrages. Damit die Alt-24-Banker davon weiterhin ausgenommen bleiben, reichte man sie weiter. „Sie wurden innerhalb des Konzerns ausgegliedert“, erklärt Stockem. Zukünftig sollen sie für die „Telefonservice-Gesellschaft der Deutsche Bank 24 AG“ in Bonn schaffen – ohne Tarifvertrag.

Im Hintergrund des Krachs bei der Deutschen Bank schwelen zwei grundlegende Konflikte in der deutschen Geldindustrie. Da ist zunächst das Problem der Arbeitszeiten. Nach dem Willen der Branche soll das Geschäft rund um die Uhr florieren. Die Deutsche Bank hat dies programmatisch in ihren Namenszusatz „24“ schon hineingeschrieben. Zumindest soll die Neue samstags flächendekkend öffnen, fordert der Vorstand. Das geht der Gewerkschaft zu weit. Sie signalisiert aber Kompromissbereitschaft: Für die Callcenter sei Samstagsarbeit okay.

Das zweite Problem sind die vielen Direkt- und Telefonbanken und insbesondere deren Herzstükke, die Callcenter. Dort gehen die Kundenanrufe ein und werden verarbeitet – per Maschine oder Mensch. Idealtypisch 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Und dieser Service kommt die Direktbanken bislang billig. Sie brauchen keine teuren Filialen, können dafür kostengünstig Technik einsetzen und preiswertes Personal einstellen.

„Die meisten arbeiten unterhalb des Banktarifs“, bestätigt Jörg Reinbrecht von der HBV Hamburg. Fast alle Direktbanken verzichten ganz auf einen Tarifvertrag. Den Telefonjob erledigen hauptsächlich Angelernte, Nebenerwerbler und 630-Mark-Kräfte.

Ausgliederung und Zwei-Klassen-Belegschaften seien der falsche Weg, kritisiert die HBV. Stockem fordert daher „vernünftige Verhandlungen“. Genau dafür sei auch die Deutsche Bank, heißt es in Frankfurt.

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