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Ausstieg auf Heller und Pfennig

■ Brunsbüttel-Vertrag nicht gekündigt. Regenbogen wirft Rot-Grün Wortbruch vor

Der Einstieg in den Atomausstieg Hamburgs hätte gestern erfolgen können, meint Lutz Jobs. Er unterblieb aber, und damit sei „eine historische Chance verpasst worden“, wie der Regenbogen-Abgeordnete glaubt. Bis zum 30. September hätten die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) den Gesellschaftervertrag mit dem Hannoveraner Energiekonzern PreussenElektra (Preag) über das gemeinsame Betreiben des Atomreaktors Brunsbüttel kündigen müssen.

Dies wäre eine formalrechtliche Voraussetzung gewesen, um das AKW zum Jahresende 2002 stilllegen zu können; ein Ziel, das vor zwei Jahren im Hamburger rot-grünen Koalitionsvertrag fixiert wurde. Die HEW aber haben den Vertrag nicht gekündigt, und die Stadt als Mehrheitsgesellschafter des Atomkonzerns in der City Nord hat diese Kündigung nicht einmal verlangt, kritisiert Jobs. Damit habe der rot-grüne Senat im Widerspruch zur Koalitionsvereinbarung „eine Bestandsgarantie für Brunsbüttel“ gegeben und „WählerInnen getäuscht, die darauf vertraut haben, dass der Atomausstieg bei SPD und GAL in guten Händen ist.“

Natürlich ist er das, behauptet Axel Bühler, der Nachfolger von Jobs als energiepolitischer Sprecher der GAL-Fraktion. Sein in die Opposition gewechselter Amtsvorgänger hinge „überholten Konzepten nach“, die heute nicht mehr realistisch seien. Der Schlüssel zum Atomausstieg sei der Beleg, dass AKWs Strom teurer erzeugten als alternative Kraftwerke. „Diese Weiche“, glaubt Bühler, „haben wir bereits gestellt.“

Das im Auftrag der Umweltbehörde erarbeitete Gutachten über Gas- und Dampfturbinenkraftwerke weise den Weg, wie „der Ausstieg entschädigungsfrei erreicht werden kann“. Diese Studie, die am Montag auf einem Experten-Hearing im Grundsatz bestätigt wurde, rechnet vor, dass GuD-Kraftwerke erheblich günstiger Strom erzeugen können als die HEW-Reaktoren Brunsbüttel, Stade und unter bestimmten Annahmen auch Krümmel. Lediglich für den Reaktor Brokdorf sei „ein Ausstieg wirtschaftlich nicht darstellbar“.

Diese Studie findet auch Jobs „eindrucksvoll und überzeugend“, dennoch hätte der Senat das Instrument der Vertragskündigung „nicht ohne Not aus der Hand geben dürfen.“ Gerade wegen dieses Gutachtens aber sei der 30. September „nicht mehr das entscheidende Datum“, widerspricht der grüne Umweltsenator Alexander Porschke. Denn er habe jetzt für die nächste Verhandlungsrunde mit HEW-Chef Manfred Timm „sehr gute Argumente“ für den Ausstieg. Sie lauten: Heller und Pfennig.

Sven-Michael Veit

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